Inflation:EZB wird Leitzins anheben

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Aufwärts: EZB-Präsidentin Christine Lagard will den Leitzins zum ersten Mal seit 2011 wieder in diese Richtung bewegen. (Foto: Hannelore Foerster/imago images)

Die Europäische Zentralbank will im Juli das Ende der Nullzinsära einleiten. Sie reagiert damit auf die Inflation in der Euro-Zone, die so hoch ist wie nie zuvor in der Geschichte der Währungsunion.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die wegen hoher Inflation unter Druck stehende Europäische Zentralbank möchte im Juli erstmals seit 2011 wieder den Leitzins erhöhen. Damit nähert sich die jahrelange Nullzinspolitik ihrem Ende. "Das ist nicht nur ein Schritt, sondern eine Reise", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag nach der auswärtigen Sitzung des EZB-Rats in Amsterdam. Es werde wohl weitere Zinserhöhungen in den nächsten Monaten geben. Die Währungshüter möchten den Leitzins zunächst um 0,25 Prozentpunkte anheben. Diese Maßnahme werde aber noch keinen Effekt auf die Inflationsrate haben, sagte Lagarde. Bei der Sitzung im September könnte der Satz um weitere 0,5 Prozentpunkte steigen.

Der Leitzins für die Eurozone liegt seit 2016 bei null Prozent, Kreditinstitute müssen für ihre Einlagen bei der Notenbank bereits seit 2014 einen Negativzins bezahlen. Derzeit sind das 0,5 Prozent. Gleichzeitig hat die Notenbank seit 2015 Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von rund fünf Billionen Euro gekauft. Der Ankauf weiterer Schuldscheine soll Ende des Monats beendet werden. Das macht den Weg frei für die Zinswende.

Die Teuerungsrate in der Euro-Zone liegt derzeit mit 8,1 Prozent so hoch wie nie zuvor in der Geschichte der Währungsunion. Die Notenbank rechnet damit, dass der Trend anhält. Ihre Volkswirte erwarten für das laufende Jahr eine durchschnittliche Teuerungsrate von 6,8 Prozent. Noch im März hatten sie 5,1 Prozent veranschlagt. Im Jahr 2023 soll die Teuerungsrate nach EZB-Prognosen immer noch bei hohen 3,5 Prozent liegen. In Deutschland betrug die Teuerung im Mai 7,9 Prozent. Das war der höchste Wert seit dem Winter 1973/1974, als infolge der ersten Ölkrise die Rohstoffpreise stark gestiegen waren. Die EZB strebt mittelfristig zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft an.

Der starke Preisanstieg der vergangenen 16 Monate war zunächst Folge der Wirtschaftsbeschränkungen im Zuge der Pandemieeindämmung. Durch den Lockdown kam es zu Produktionsstopps, weil wichtige Teile für Endprodukte fehlten. Das war der Auslöser der "Angebotsinflation". Mit dem kriegerischen Angriff Russlands auf die Ukraine und den daraufhin beschlossenen Wirtschaftssanktionen kam es an den Öl- und Gasmärkten zu starken Preisausschlägen. "Die EZB sollte ihren Leitzins rasch auf das neutrale Niveau anheben, das wir zwischen zweieinhalb und drei Prozent sehen. Im Zweifel muss sie sogar darüber hinaus gehen", fordert Jörg Krämer, Chefökonom der Commerzbank.

Lagarde ließ offen, wie stark man den Leitzins anheben würde. Höhere Zinsen bremsen mittelfristig den Inflationsdruck, weil die Kredite für Konsum und Investitionen steigen. Gleichzeitig wird die Schuldenaufnahme für die Euro-Länder bei einem Zinsanstieg teurer. Vor allem für finanzschwächere Staaten wie Griechenland und Italien könnten die Kreditkosten empfindlich steigen. Lagarde hat versprochen, die Notenbank werde Stützungskäufe machen, sollten die Anleihezinsen für einige Mitglieder aus dem Ruder laufen. Dafür stünden 1,7 Billionen Euro zur Verfügung.

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