Wiesbaden:Aussage von Staatsschutz-Mitarbeiter im Lübcke-U-Ausschuss

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Ein Stapel Gerichtsakten. (Foto: Christian Charisius/dpa/Symbolbild)

Kriminalbeamte des Polizeipräsidiums Nordhessen hatten Stephan Ernst vor dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke "nicht besonders auf dem...

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Kriminalbeamte des Polizeipräsidiums Nordhessen hatten Stephan Ernst vor dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke „nicht besonders auf dem Schirm“. Das sagte der ehemalige stellvertretende Leiter der dortigen Staatsschutzabteilung am Freitag in Wiesbaden im Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag. Die Aussage des Zeugen bezog sich auf den Zeitraum seiner Tätigkeit von November 2009 bis Juli 2015.

Ernst sei ihm zwar „gelegentlich untergekommen in der Zeit“, sagte der 58-Jährige weiter. Als dieser aber nach der Tötung des Regierungspräsidenten ins Zentrum der Ermittlungen kam, habe er einige Jahre später erst nachschauen müssen, um wen genau es sich handelte. In Erscheinung getreten seien Ernst und auch Markus H. meist nur „sporadisch“ durch Teilnahme an rechten Veranstaltungen. Bei derartigen Treffen seien die beiden aber nicht durch Straftaten in Erscheinung getreten.

Markus H. wurde wegen Beihilfe im Fall Lübcke angeklagt, letztlich aber nur wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt - ein Urteil, gegen das er Revision einlegte.

Stephan Ernst sei in ihrer Zeit nicht Gegenstand der Arbeit gewesen, sagte die ehemalige Dezernatsleiterin des Landesamtes für Verfassungsschutz. Die zweite Zeugin im Ausschuss hatte von Oktober 2011 bis Januar 2015 im Bereich der Auswertung von Rechtsextremismus gearbeitet. Weder in Form einer aktuellen „Bearbeitung“ noch wegen einer „Wiedervorlage“ hätten sich die Verfassungsschützer in ihrem Dezernat mit Ernst beschäftigt.

„Die Informationslage war nicht so zufriedenstellend gewesen, dass man einen vollen Überblick über die Szene in Nordhessen gehabt hätte“, sagte sie mit Blick auf die Überwachung der rechten Szene in der Region. „Einen besseren oder überhaupt einen Zugang“ habe man sich gewünscht. Zu ihrer Zeit habe der Verfassungsschutz 140 gewaltbereite, rechtsextreme Personen in Nordhessen registriert. Sechs Zusammenschlüsse in „vertiefter besonderer Zusammenarbeit“ habe es gegeben. In keinem seien Ernst und Markus H. in Erscheinung getreten. Lediglich Markus H. sei als „Aktivist in der rechten Szene“ eingestuft gewesen.

Der Untersuchungsausschuss soll die Rolle der hessischen Sicherheitsbehörden in dem Mordfall aufarbeiten. Der Regierungspräsident war 2019 getötet worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte Ernst Ende Januar 2021 wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Deutsche den CDU-Politiker aus rechtsextremen Motiven erschossen hatte.

© dpa-infocom, dpa:211028-99-776283/5

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