Hannover:Verfassungsschutz stuft Teile der AfD als rechtsextrem ein

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Boris Pistorius (SPD), Niedersachsens Innenminister, spricht bei einer Pressekonferenz. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild)

Der niedersächsische Verfassungsschutz hat Teile der AfD als rechtsextrem eingestuft. Dabei gehe es um den offiziell aufgelösten, sogenannten "Flügel" in...

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Hannover (dpa/lni) - Der niedersächsische Verfassungsschutz hat Teile der AfD als rechtsextrem eingestuft. Dabei gehe es um den offiziell aufgelösten, sogenannten „Flügel“ in Niedersachsen, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags. Nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz im März den „Flügel“ als rechtsextremistisch eingestuft hatte, habe Niedersachsen einen entsprechenden völkisch-nationalistischen Personenzusammenschluss, der diesem zugerechnet wird, zum Beobachtungsobjekt bestimmt.

„“Flügel-Funktionäre und -Anhänger verstoßen fortlaufend gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, sagte Pistorius. „Sie äußern sich im Themenbereich der Zuwanderung besonders diffamierend gegen bestimmte Personengruppen oder Menschen gewisser Nationalitäten.“ Außerdem stellten sie staatliche Akteure oder Institutionen pauschal – teils mit abenteuerlichen Argumentationen etwa aus bekannten Verschwörungstheorien – infrage. „Der sogenannte „Flügel“ ist in rechtsextremistischen Strukturen vernetzt und hat einen zunehmenden Einfluss innerhalb der AfD. Das muss man so klar sagen, betonte Pistorius.

Die Einstufung als Beobachtungsobjekt bedeutet, dass die Bewegung mit dem kompletten Instrumentarium nachrichtendienstlicher Mittel beobachtet werden darf. Dazu zählen die Observation und das Anwerben von Informanten. Daten zu einzelnen Personen dürfen gesammelt und gespeichert werden. Was ein Abgeordneter im Plenum oder in Ausschüssen sagt, darf allerdings nicht in die Akten einfließen, denn Abgeordnete unterliegen einem besonderen Schutz.

Niedersachsens Verfassungsschutzchef Bernhard Witthaut sagte, 20 Prozent der AfD-Mitglieder in Niedersachsen seien dem „Flügel“ zuzurechnen. Das seien etwa 600 bis 700 Menschen. Innenminister Pistorius sagte, die Verankerung des „Flügels“ in der AfD reiche bis in die Landtagsfraktion herein. Aufgrund öffentlicher Äußerungen ließen sich einige, aber nicht alle Abgeordnete dem „Flügel“ zurechnen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Klaus Wichmann, sagte, dass weder der Innenminister noch der Verfassungsschutzchef spezifische Gründe für eine Beobachtung von Teilen der Partei in Niedersachsen genannt hätten. Stattdessen reihten sich Mutmaßungen und spekulative Zahlen, insbesondere zu den „Flügel“-Mitgliedern, aneinander. Zwar habe AfD-Chef Jörg Meuthen einmal geschätzt, dass deutschlandweit 20 Prozent der AfD-Mitglieder dem „Flügel“ angehörten. Gerade in Niedersachsen dürften es sehr viel weniger sein, betonte Wichmann. „Tatsache ist: AfD-Politiker in Bund und Land, im Landtag in Hannover ebenso wie im Berliner Bundestag oder anderswo, bekennen sich immer wieder und in aller Deutlichkeit zur Verfassung.“

Witthaut hatte die Auflösung des „Flügels“ Ende März schon als eine „reine Augenwischerei“ bezeichnet. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sowohl die ideologischen Einstellungsmuster der Gruppierung als auch ihre ausgebauten und professionalisierten Strukturen bestehen bleiben. Ein ähnliches Verhalten habe es bei der Jugendorganisation der AfD, der „Jungen Alternative“, in Niedersachsen gegeben. Durch die Auflösung einer Organisationsstruktur ändere sich nicht das Weltbild der Protagonisten.

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