Extremismus - Erfurt:NSU-Aufklärung: Mehr Kontrolle von Polizeiarbeit gefordert

Erfurt (dpa/th) - Eine Mehrheit im zweiten Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss hat die Sicherheitsbehörden scharf kritisiert. So habe sich nach Überzeugung der Abgeordneten der Thüringer Verfassungsschutz beispielsweise zwar nicht direkt an Straftaten von Rechtsextremen beteiligt, heißt es in dem am Donnerstag in Erfurt verabschiedeten Wertungsteil des Abschlussberichts, der dpa vorliegt. Jedoch habe der Inlandsnachrichtendienst durch sein Verhalten solche Gesetzesverstöße begünstigt.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Erfurt (dpa/th) - Eine Mehrheit im zweiten Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss hat die Sicherheitsbehörden scharf kritisiert. So habe sich nach Überzeugung der Abgeordneten der Thüringer Verfassungsschutz beispielsweise zwar nicht direkt an Straftaten von Rechtsextremen beteiligt, heißt es in dem am Donnerstag in Erfurt verabschiedeten Wertungsteil des Abschlussberichts, der dpa vorliegt. Jedoch habe der Inlandsnachrichtendienst durch sein Verhalten solche Gesetzesverstöße begünstigt.

Nach dpa-Informationen wurde der Wertungsteil mit den Stimmen von Linken, SPD und Grünen in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Ausschuss angenommen. Die Vertreter von CDU und AfD im Ausschuss stimmten dem Papier dagegen nicht zu.

Auch der Landespolizei macht die Ausschussmehrheit teilweise schwere Vorwürfe. So hätten einzelne Polizisten bei den Ermittlungen zur Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" grobe Fehler gemacht. So heißt es im Wertungsteil etwa, der Führer des Polizeieinsatzes beim Auffliegen des NSU im November 2011 in Eisenach sei "unprofessionell" mit dem damals gefundenen Wohnmobil der Rechtsterroristen umgegangen: "So geht man vielleicht mit einer Trophäe um, aber nicht mit einem Tatort." Indem der Mann das Fahrzeug damals vor dem Eintreffen der Spurensicherung betreten habe, seien Spuren beeinträchtigt oder vernichtet worden.

Insgesamt hätten die Sicherheitsbehörden viele ihnen vorliegende Einzelinformationen zur rechten Szene, aber auch zur organisierten Kriminalität in Thüringen nicht zusammengefügt, rügen die Abgeordneten der Ausschussmehrheit in dem Wertungsteil.

Der Untersuchungsausschuss trägt den offiziellen Titel "Rechtsterrorismus und Behördenhandeln" und arbeitet seit 2015 mutmaßliche Fehler der Thüringer Sicherheitsbehörden bei der Suche nach den Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe auf. Schon in der vergangenen Legislaturperiode hatte sich ein Untersuchungsausschuss des Landtages mit ähnlichen Fragestellungen befasst. Auf die Erkenntnisse dieses Ausschusses nimmt auch der aktuelle Abschlussbericht immer wieder Bezug.

Im Wertungsteil des Abschlussberichtes wird auch scharf kritisiert, dass Thüringens Innenministerium dem Ausschuss bestimmte Akten nicht zur Verfügung stellte - anders als während der Arbeit des ersten Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses. Dabei geht es unter anderem um Informationen zu Spitzeln der Polizei, sogenannten Vertrauenspersonen. Somit habe der Ausschuss seinen Untersuchungsauftrag nicht vollständig erfüllen können, heißt es in dem Bericht.

Aus diesem Umstand leitet der Ausschuss eine der Handlungsempfehlungen ab: Die demokratische Kontrolle von Polizeispitzeln müsse in Zukunft verbessert werden. "Kontrollfreie Räume sind einem demokratischen Rechtsstaat fremd", heißt es in den Handlungsempfehlungen, die von Linken, CDU, SPD und Grünen eingebracht worden waren. Eine weitere Empfehlung lautet, die Landespolizei mit einer dauerhaften, speziellen Ermittlungseinheit im Kampf gegen rechte Straftaten auszustatten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: