Ex-Premier Blair:Lukrative Ratschläge für den General

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Reden und Reisen in Nahost: Tony Blair, hier 2007 am Karnak-Tempel im ägyptischen Luxor. (Foto: Saedi Press/AP)

Großbritanniens Ex-Premier Blair will künftig Ägyptens Präsidenten Al-Sisi in Wirtschaftsfragen beraten. Geld soll er dafür nicht bekommen. Hinsichtlich der desolaten Menschenrechtssituation am Nil stößt das Engagement allerdings auf Unverständnis.

Von Christian Zaschke, London

Seit einigen Wochen tritt Tony Blair wieder verstärkt in der Öffentlichkeit auf. Er hält Reden zur Lage der Europäischen Union und zum Irakkrieg, er ist so präsent wie seit Jahren nicht und sorgt unter den politischen Kommentatoren für Rätselraten: Was treibt den früheren britischen Premierminister an? Will er die Deutungshoheit über sein politisches Erbe zurückgewinnen? Möglich, denn er weist dieser Tage energisch darauf hin, dass seiner Ansicht nach der von ihm mitgetragene Einmarsch in den Irak im Jahr 2003 nichts mit der Krise im Land zu tun habe. Strebt er einen Posten auf der politischen Bühne an? Eher unwahrscheinlich, obwohl es eine Zeitlang so aussah, als liebäugele Blair mit dem Posten des Ratspräsidenten der EU.

Nun meldet der Guardian , dass Blair künftig den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi in Wirtschaftsfragen berate, was erst recht Verwunderung auslöst. Laut dem Bericht soll Blair in Ägypten bei der Umsetzung von Wirtschaftsreformen helfen und internationale Investoren anlocken. Er wäre damit Teil eines Hilfsprogramms der Vereinigten Arabischen Emirate, die die Regierung Sisis unterstützen. Zu den Emiraten unterhält Blair bereits Geschäftsbeziehungen als Berater und Kontaktvermittler. Das Programm soll von der Unternehmensberatung Pricewaterhouse-Coopers organisiert werden.

Berater ohne Honorar

Eine Sprecherin des ehemaligen Premierministers sagte, Blair werde nicht als offizieller Berater des ägyptischen Präsidenten auftreten. Er werde Ratschläge geben, einige Treffen abhalten, das sei alles. Weder Blair noch eine seiner Firmen würden Geld erhalten.

Nachdem er 2007 nach zehn Jahren im Amt als Premierminister zurückgetreten ist, hat Blair ein umfangreiches Firmengeflecht aufgebaut. Er berät Unternehmen, Banken und Regierungen. Unter anderem arbeitet er für die Investmentbank JP Morgan und den Versicherungskonzern Zurich Insurances. Als Berater war er für die Mongolei, Kuwait, Abu Dhabi sowie einige lateinamerikanische Staaten tätig. Mit dem autokratischen kasachischen Staatschef Nursultan Nasarbajew schloss er 2011 einen ein Jahr laufenden Beratervertrag ab, der mit acht Millionen Pfund dotiert war. Laut Daily Telegraph hat Blair ein Vermögen von 70 Millionen Pfund angehäuft, seit er den Sitz des Premiers in 10 Downing Street verlassen hat. Neben den hochdotierten Beraterjobs zählen Reden zu seinen wichtigsten Einkommensquellen, bis zu 250 000 Pfund erhält Blair für Vorträge. Der Jahresumsatz von Blairs Firmen wird auf 15 bis 20 Millionen Pfund geschätzt.

Blair bezeichnete den Putsch in Ägypten als "absolute Notwendigkeit"

Blair weist darauf hin, dass er zwei Drittel seiner Zeit unbezahlt arbeite, zum Beispiel für seine wohltätigen Stiftungen und als Sonderbeauftragter des Nahost-Quartetts, das aus den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, den USA sowie Russland besteht, und sich für eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern einsetzt. Diese Rolle hat Blair seit sieben Jahren inne, zuletzt musste er sich jedoch scharfe Kritik gefallen lassen. Ende Juni haben sich ehemalige britische Botschafter, Politiker und Hochschullehrer in einem offenen Brief an das Nahost-Quartett und an Blair gewandt: Er solle als Sonderbeauftragter zurücktreten. Die Ergebnisse seiner Arbeit seien "zu vernachlässigen", zudem verknüpfe er den Posten mit seinen wirtschaftlichen Interessen. Der Guardian zitiert einen hohen Beamten mit den Worten, dass niemand so genau wisse, was Blair im Nahen Osten wann in wessen Namen mache: "Seine Wege sind unergründlich." Blairs Büro wies die Vorwürfe entschieden zurück.

Den ägyptischen Präsidenten Sisi hatte Blair bereits unterstützt, als dieser als Militärchef den gewählten Präsidenten Mohammed Mursi absetzte. Blair bezeichnete den Putsch als "absolute Notwendigkeit zur Rettung der Nation". Da die Regierung Sisis wegen Menschenrechtsverletzungen international kritisiert wird, stößt Blairs Engagement weitgehend auf Unverständnis. Er ist jedoch nicht das einzige Mitglied der ehemaligen Labour-Regierung, das die ägyptische Regierung berät: Tony Blairs vormaliger Sprecher Alastair Campbell gibt Sisi Ratschläge in Außendarstellung. Campbell hatte 2003 zurücktreten müssen, weil er ein Dossier aufgebauscht hatte, dessen Befunde maßgeblich für den britischen Einmarsch im Irak verantwortlich waren.

© SZ vom 04.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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