Nach dem Wahlwerbespot dann doch noch eine Frage an Gabi Zimmer, die Spitzenkandidatin der Linken für die Europawahl. Warum ist in dem Spot der Partei der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, zu sehen? Und nicht etwas sie, die Spitzenkandidatin? Es ist ein kleiner Moment von großer Wahrheit, der sich danach offenbart. Sie war ja schon einmal das bundesweite Gesicht ihrer Partei. Jetzt sagt sie: "Das ging damals schon in die Hose."
In der Tat, so ist es gewesen, im Bundestagswahlkampf des Jahres 2002. Zimmer war Vorsitzende der damaligen PDS. Und damit oberste der vier Spitzenkandidaten ihrer Partei. Das Ergebnis: Die PDS verpasste krachend die Fünf-Prozent-Hürde. Hätten nicht Gesine Lötzsch und Petra Pau ihre Wahlkreise direkt gewonnen, die PDS wäre gar nicht mehr im Bundestag vertreten gewesen.
Wer Gutes über Zimmer sagen will, spricht von sprödem Charme, den sie ausstrahle. Dennoch ist Zimmer jetzt wieder Spitzenkandidatin. Auf dem Parteitag in Hamburg wurde sie vor wenigen Wochen gewählt. An diesem Montag stellt sie zusammen mit Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn ihre Wahlkampagne vor.
Oder besser, die Kampagne von Matthias Höhn. Mit Zimmer wird jedenfalls nicht geworben. Ihr Kopf wird auf keinem Plakat zu sehen sein. Auch andere Köpfe, Gregor Gysi etwa oder Sarah Wagenknecht, werden nicht gezeigt. Die Linke will ausschließlich Themenplakate aufstellen und an Laternenpfähle hängen.
Nur in dem TV-Spot, da taucht plötzlich Gysi auf, nachdem ein offenbar wütender Mann am offenen Fenster seiner Wohnung in Gernot Hassknecht-Manier alles niederbrüllt, was ihm nicht ins Weltbild passt. "Ich könnte kotzen!", brüllt der Mann und Gysi flüstert, er habe ja Recht. Darum Linke wählen. Nun ja.
Immerhin ist die Botschaft klar.
Nicht ganz so klar ist sie auf dem ersten Großflächenplakat, das Höhn und Zimmer präsentieren. Zimmer zieht den Vorhang vom Plakat herunter, Buchstabe um Buchstabe kommt hervor. Sie bilden einen interpretationsbedürftigen Satz: "passt auf", steht da, ohne Punkt, Komma oder Ausrufezeichen. Direkt darunter: "Die Linke", mit Punkt. Also: "passt auf Die Linke." Hm, da fehlt doch was. Ah, auf, passt auf die Linke auf! So wäre es ein vollständiger Satz. Aber das wird die Partei sicher nicht gemeint haben.
Unten links steht noch etwas im Kleingedruckten des Plakates. Irgendwas mit "Frieden sichern, Millionäre besteuern, Beschäftigung schaffen". Aber das ist aus 20 Metern Entfernung kaum noch zu erkennen.
Was übrigens nicht auf den Plakaten der Linken stehen wird, ist ein Satz wie: "Putin in seine Schranken weisen!" Bei der Vorstellung der Wahlkampagne verwirrt Zimmer mit ihren Antworten auf Fragen nach der Krim-Krise mehr, als dass sie zur Aufklärung beiträgt. Ja, auch Russland habe Fehler gemacht. Aber vor allem die Europäischen Union.
Warum hat sie den Job dann?
Die Annektierung der Krim sei völkerrechtswidrig, stellt sie dann fest und fordert grimmig die "Wiederherstellung des Völkerrechtes". Außenminister Frank-Walter Steinmeier wirft sie gar vor, der habe die Krim doch längst aufgegeben. Und dann fragt sie: "Erklären Sie mir mal, wie man die Krim der Ukraine zurückgeben kann?" Ihre Antwort: "Das wird nicht funktionieren." Was denn jetzt?
Warum Zimmer eigentlich Spitzenkandidatin ihrer Partei ist, so könnte jetzt die Frage lauten. Aber das wäre ungerecht. Auch andere Parteien haben Spitzenkandidaten, die sie lieber verstecken würden oder das sogar konsequent tun. Die CDU zum Beispiel hat einen europäischen Spitzenkandidaten namens Jean-Claude Juncker und einen deutschen Spitzenkandidaten namens David McAllister. Plakatiert wird von den beiden aber nur Angela Merkel ganz viel, McAllister ein wenig und Juncker gar nicht. Oder die Grünen. Europäische Spitzenkandidatin ist Ska Keller, eine Deutsche. Auf der grünen Kampagnenseite zur Europawahl wird dieser Umstand im Kleingedruckten versteckt. Und auf Plakaten taucht sie gar nicht auf. Nur die SPD, die setzt auf Martin Schulz - deutscher und europäischer Spitzenkandidat der SPD.
Im Gegensatz zu Zimmer kann Schulz aber reden. Es ist deshalb klug von ihr, schön im Hintergrund zu bleiben. Sonst könnte die Wahl für die Linke wirklich in die Hose gehen, wie sie sagt. Eine letzte Frage muss dann aber erlaubt sein: Warum hat sie den Job dann? Das bleibt wohl eines der Geheimnisse der Linken.