EU-Türkei-Gipfel:Erdoğan will weiterhin mit der Türkei in die EU

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Zur EU dazugehören möchte Erdoğan schon - sich von ihr kritisieren lassen aber weniger. (Foto: AFP)
  • Der türkische Präsident Erdoğan hat seinen Wunsch bekräftigt, die Türkei solle ein Teil der EU werden.
  • Gleichzeitig warnte er die Europäer vor "übertriebener Kritik" am Vorgehen seines Staates in Syrien und dem Irak.
  • Fortschritte in den Beziehungen der Türkei mit der Union blieben auf dem EU-Gipfeltreffen in Bulgarien aus.

Von Daniel Brössler, Brüssel, und Paul-Anton Krüger, Kairo

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat den Wunsch seines Landes nach einem Beitritt zur Europäischen Union bekräftigt, sich aber zugleich "übertriebene Kritik" von Seiten der EU-Staaten an demokratischen Defiziten und dem Vorgehen etwa in Syrien verbeten. Die Türkei strebe die EU-Mitgliedschaft seit 1963 an, sagte Erdoğan am Montagabend nach einem Treffen mit den Spitzen der EU in der bulgarischen Stadt Warna. "Wir würden uns diesem Ziel gerne schneller annähern", sagte er.

Fortschritte in den zahlreichen Streitfragen wurden bei dem Treffen allerdings nicht erzielt, wie EU-Ratspräsident Donald Tusk betonte. "Ich habe alle unsere Sorgen zur Sprache gebracht", sagte Tusk. Dies betreffe die Rechtsstaatlichkeit, die Beziehungen der Türkei vor allem zu den EU-Ländern Griechenland und Zypern und das türkische Vorgehen in Syrien. Es handele sich um einen "Dialog unter schwierigen Umständen". Ungeachtet gemeinsamer strategischen Interessen habe man beim Treffen in Warna "keine konkreten Kompromisse" erreicht. Diese seien aber Voraussetzung für Fortschritte im Beitrittsprozess.

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Mit einer Erklärung reagiert die EU auf eine Seeblockade und die Inhaftierung von EU-Bürgern im Land. Sie könnte die für Montag geplanten Gespräche belasten.

Die Beitrittsverhandlungen sind wegen der Einschränkung demokratischer Rechte und Massenverhaftungen in der Türkei derzeit faktisch unterbrochen. Er habe das Ziel des Beitritts der Türkei stets unterstützt, betonte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Einen Stopp der Verhandlungen habe er nie befürwortet. "Die Türkei muss ihre Beziehungen zu den Mitgliedstaaten, insbesondere zu Griechenland und zur Türkei verbessern", betonte aber auch er. Außerdem rief er das Land zur Aufhebung des Ausnahmezustandes auf. Die türkischen Institutionen seien stark genug, um auch ohne diese Maßnahme die Sicherheit zu gewährleisten.

Keine Bewegung gab es auch bei Erdoğans Forderung nach einer Visaliberalisierung und einem Ausbau der Zollunion. Bei der Visaliberalisierung sieht die EU die Bedingungen nicht erfüllt. Für den Ausbau der Zollunion fehlt bislang die Zustimmung der Mitgliedstaaten. Sie liege in beiderseitigem Interesse, betonte Erdoğan. Einigkeit herrschte darin, das Flüchtlingsabkommen aufrecht zu erhalten. Sowohl Tusk als auch Juncker lobten die Anstrengungen der Türkei. Juncker stellte die Auszahlung weiterer drei Milliarden Euro in Aussicht. Erdoğan deutete keinerlei Änderung des türkischen Vorgehens in Syrien an. Man kämpfe dort gegen den Terrorismus und achte die Menschenrechte, sagte er. Schon vor dem Treffen in Warna hatte er angekündigt, die Militäroffensive gegen kurdische Milizen auszudehnen.

Am Sonntag sagte er, die Armee solle die von den kurdischen YPG-Milizen kontrollierte Stadt Tell Rifaat einnehmen. Sie liegt südwestlich des Kantons Afrin, den türkische Truppen jüngst vollständig erobert hatten, und nur 30 Kilometer nördlich von Aleppo. Überdies habe eine grenzübergreifende Operation gegen die PKK im irakischen Sindschar-Gebirge begonnen.

Aus Bagdad hieß es dagegen, es hätten keine ausländischen Truppen die Grenze überquert. Ankara hatte beim irakischen Premier Haidar al-Abadi dafür geworben. Irak hatte die Pläne für eine gemeinsame Operation allerdings nie bestätigt.

In der EU gibt es massive Kritik an der Eroberung Afrins durch die Türkei und verbündete syrische Rebellen. Nach kurdischen Angaben wurden 300 Zivilisten getötet und Zehntausende vertrieben.

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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