Hongkong:Europäische Union scheut Sanktionen gegen China

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In Tokio gingen in den vergangenen Tagen aus Solidarität Hunderte auf die Straße, um gegen Chinas Sicherheitsgesetz für Hongkong zu demonstrieren. (Foto: imago images/Kyodo News)

Die EU-Mitgliedsstaaten kritisieren Pekings Sicherheitsgesetz für Hongkong, planen aber lediglich, den Export von Tränengas zu untersagen. Politisch Verfolgte sollen leichter Aufnahme finden.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Die Europäische Union hält das chinesische Sicherheitsgesetz für Hongkong zwar für "drakonisch", aber verzichtet weiter auf Sanktionen. Die EU-Außenminister diskutierten in Brüssel über einen deutsch-französischen Vorschlag, künftig geschlossen den Export von Gütern wie Tränengas oder Gummigeschossen zu verbieten, die zur Niederschlagung von Protesten genutzt werden können.

Zudem sollen Bürger aus Hongkong leichter dauerhaft in der EU bleiben können, wenn sie sich politisch verfolgt sehen. Dafür müssten nationale Regeln zur Visa-Vergabe angepasst werden. Auch soll es Stipendien für Künstler und Studenten geben.

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Der Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, er wolle an einem "koordinierten Ansatz" arbeiten, der dann von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden solle. Die EU habe zwei Botschaften: Europa stehe "an der Seite der Bürger von Hongkong" und unterstütze deren Wunsch nach Autonomie und Freiheit. Die Regierung in Peking müsse wissen, dass diese Entscheidung "die Regeln ändern" würde und Folgen für das bilaterale Verhältnis haben werde, so Borrell. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte China auf, seine internationalen Verpflichtungen zu wahren. "Wenn das Sicherheitsgesetz angewendet wird, dann wird das ganz konkrete Auswirkungen haben müssen", sagte Maas. Fraglich ist jedoch, ob die anderen EU-Staaten dies genauso sehen oder ob wegen des Einstimmigkeitsprinzips letztlich keine Entscheidung getroffen werden kann. Trotz massiver Kritik aus dem Ausland hatte Peking das Sicherheitsgesetz Ende Juni verabschiedet. Es stellt Aktivitäten in Hongkong unter Strafe, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht.

Die EU sieht darin - wie viele Kritiker - eine drastische Einschränkung der Autonomie und der Freiheiten der Sonderverwaltungszone, die Hongkong bei der Rückgabe der einstigen britischen Kronkolonie an China 1997 nach dem Prinzip "Ein Land - zwei Systeme" für mindestens 50 Jahre garantiert worden waren. EU-Sanktionen gegen einzelne chinesische Politiker, die das Sicherheitsgesetz zu verantworten haben, sind bisher ebenso wenig im Gespräch wie wirtschaftliche Strafmaßnahmen.

Vor dem Treffen der EU-Außenminister hatte der Grüne Reinhard Bütikofer, Chef der China-Delegation im Europaparlament, die Bundesregierung aufgefordert, wie Kanada oder Australien das Auslieferungsabkommen mit Hongkong auszusetzen, da dem nun geltenden chinesischen Rechtssystem nicht zu trauen sei. Das Auswärtige Amt erklärte, das Verhältnis zu den Behörden in Hongkong basiere darauf, dass die dortige Justiz unabhängig sei. Man werde jetzt "mit großer Aufmerksamkeit" verfolgen, ob diese Unabhängigkeit noch gegeben sei, sagte ein Sprecher.

Intensiv diskutierten die Außenminister, die nach vier Monaten erstmals wieder gemeinsam in einem Raum waren, über das komplizierte Verhältnis zur Türkei. Borrell beklagte vor allem das einseitige militärische Vorgehen Ankaras in Libyen. Entscheidungen über weitere Sanktionen wegen der von Brüssel als illegal erachteten Erdgasbohrungen vor der Küste Zyperns werden geprüft.

© SZ vom 14.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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