Zu den Grundfreiheiten der Europäischen Union gehört die Personenfreizügigkeit. Demnach können die EU-Bürger ihren Wohn- und Arbeitsort innerhalb der Europa frei wählen. Der österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der radikal rechten FPÖ hat die Personenfreizügigkeit in Frage gestellt - und wird dafür inzwischen international kritisiert.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hielt Strache vor, seine eigenen Landsleute zu täuschen: "Das ist irre, den Menschen vorzugaukeln, dass es Österreich besser ginge, wenn wir die Freizügigkeit der Europäer einschränken", sagte Asselborn der Wiener Tageszeitung Kurier. Asselborn warnte davor, den EU-Binnenmarkt und den Schengen-Raum zu gefährden.
Österreichische Regierung:Strache stellt Personenfreizügigkeit der EU in Frage
EU-Bürger dürfen ihren Wohn- und Arbeitsplatz innerhalb der EU frei auswählen - negativ sieht diese Freizügigkeit die radikal rechte FPÖ, die in Wien mitregiert.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen nannte Straches Äußerungen in der Neuen Osnabrücker Zeitung "eine Mischung aus Phantasielosigkeit und Stimmungsmache". Der deutsche Staatsminister für Europa, Michael Roth (SPD), bezeichnete im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung die Personenfreizügigkeit als "Lebenselixier des vereinten Europas". Mit Blick auf einen von Strache beklagten "Verdrängungsprozess" einheimischer Arbeitnehmer durch Zuwanderung aus dem EU-Ausland verwies Roth auf die vom EU-Parlament am Dienstag beschlossene Entsenderichtlinie. "Sie sagt Lohndumping und Ungerechtigkeit den Kampf an: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, überall in der EU."
Zustimmung erhielt der FPÖ-Chef von AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel. Strache habe recht, heißt es in einer Pressemitteilung Weidels. "Weniger 'Europa' ist mehr und besser für alle."
Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisierte Strache während eines Besuchs in Estland. Der Vorstoß des Vizekanzlers habe "keine Chance", sagte Van der Bellen. Auch von Straches konservativem Regierungspartner ÖVP kam Ablehnung. Der österreichische EU-Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP) sagte: "Es ist bedauerlich, dass Heinz-Christian Strache bei jeder Wortmeldung zur Europäischen Union zündelt und damit Irritationen in und außerhalb Österreichs auslöst". Karas erinnerte daran, dass auch 250 000 Österreicher im EU-Ausland lebten und somit von der Personenfreizügigkeit profitierten.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), versuchte seinem Stellvertreter Strache zu widersprechen und gleichzeitig die Aufregung kleinzuhalten. Die Position der österreichischen Bundesregierung zur Personenfreizügigkeit sei klar und auch das Regierungsprogramm sei klar pro-europäisch, sagte Kurz. "Der Herr Vizekanzler sollte daher nicht über- oder falsch interpretiert werden."
Straches Äußerungen zur Personenfreizügigkeit betreffen einen Kernbereich von Bundeskanzler Kurz. Der ÖVP-Vorsitzende hatte bei der Regierungsbildung im Dezember die Zuständigkeiten für EU-Politik vom Außenministerium zu sich ins Kanzleramt geholt. In wenigen Wochen übernimmt Wien die Ratspräsidentschaft in der EU.
Straches FPÖ hatte über Jahre immer wieder die Europäische Union kritisiert und zwischenzeitlich einen Austritt Österreichs ins Spiel gebracht. Nach dem Amtsantritt der rechtskonservativen Koalition hielt sich Strache zunächst eher zurück mit Attacken auf die EU und regierte die ersten Monate harmonisch mit Kurz und seiner ÖVP.
Allerdings hat Strache schon wenige Tage vor seinen Äußerungen zur Personenfreizügigkeit für Wirbel gesorgt. Bei seinem Brüssel-Besuch in seiner Funktion als Sportminister warf er vergangene Woche der Grenzschutzagentur Frontex vor, für "Schlepperaktivität in modernem Sinn" verantwortlich sein. Die Schiffe der europäische Grenz- und Küstenwache nehmen im Mittelmeer Flüchtlinge auf, dazu verpflichtet sie das internationale Seerecht.