Neue Transparenzregeln:EU-Parlamentarier müssen Treffen mit Lobbyisten offenlegen

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Der britische EU-Abgeordnete Richard Corbett hat die neuen Transparenzregeln initiiert. Demnach müssen seine Kollegen künftig veröffentlichen, mit welchen Lobbyisten sie sich treffen. (Foto: Matt Crossick/imago/PA Images)
  • Das Europäische Parlament hat sich auf neue Regeln für den Umgang mit Lobbyisten verständigt.
  • Künftig müssen Parlamentarier auf ihrer Homepage veröffentlichen, mit welchen Lobbyisten sie sich verabreden.
  • Abgeordnete der konservativen EVP-Fraktion hatten sich im Vorfeld dagegen ausgesprochen

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel

Angesichts des nahenden Brexit dürften die Tage von Richard Corbett im Europäischen Parlament gezählt sein, aber als eine seiner letzten Amtshandlungen hat der britische Labour-Abgeordnete seinen Nachfolgern zusätzliche Arbeit beschert: Am Donnerstagmittag hat das Europäische Parlament sich auf neue Regeln für den Umgang mit Lobbyisten verständigt. Corbett hatte diese als Berichterstatter ausgearbeitet.

Künftig müssen Parlamentarier auf ihrer Homepage veröffentlichen, mit welchen Lobbyisten sie sich verabreden. Abgeordnete der konservativen EVP-Fraktion hatten sich im Vorfeld dagegen ausgesprochen: Die Ausübung ihres Mandats sei beeinträchtigt, wenn sie ihren Gesprächspartnern keine Vertraulichkeit zusichern könnten. Auch hatte die Fraktion durchgesetzt, über die Frage der Transparenz geheim abzustimmen. "So etwas kann man sich nicht ausdenken", sagte Corbett dazu. Geheime Abstimmungen sind im Parlament extrem selten und kommen sonst eigentlich nur bei Personalfragen vor. Offenbar machten sich aber nicht allzu viele Abgeordnete solche Sorgen um ihr Mandat: Die Reform wurde mit einer absoluten Mehrheit von beinahe 500 Stimmen angenommen.

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Die neuen strengen Regeln gelten nur für Abgeordnete, die als Berichterstatter oder als Vorsitzende eines Ausschusses besonders eng mit der Formulierung von Gesetzentwürfen zu tun haben; und auch nur für geplante Treffen mit Lobbyisten. Wer in der U-Bahn mit dem Sitznachbarn einen Plausch über die Vor- und Nachteile der geplanten Urheberrechtsreform oder über CO₂-Grenzwerte führt, muss das auch künftig nicht aller Welt erzählen. Der neuen Geschäftsordnung zufolge sollen aber auch andere Abgeordnete verabredete Treffen mit Interessenvertretern auf ihrer Homepage veröffentlichen - auf freiwilliger Basis.

Vertreter mehrerer Fraktionen lobten den Beschluss

Nichtregierungsorganisationen, aber auch Vertreter mehrerer Fraktionen lobten den Beschluss: "Transparenz und damit die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsprozesse sind die besten Waffen gegen Spekulationen und Fake News", sagte etwa der deutsche Sozialdemokrat Jo Leinen. "So kann die europäische Bürgerkammer zum Transparenz-Vorbild werden." Der Grüne Sven Giegold nennt den Beschluss einen "großen Fortschritt für die europäische Demokratie".

Die Einigung im Europaparlament dürfte auch die ins Stocken geratene Diskussion über ein verbindliches Transparenzregister neu beleben, das für die drei großen EU-Institutionen (Kommission, Rat und Parlament) gelten soll. Konkret geht es um die Frage, ob bestimmte Kontakte zwischen Lobbyisten und Vertretern der drei EU-Organe davon abhängig gemacht werden sollen, ob diese im Transparenzregister eingezeichnet sind. Eine neue Verhandlungsrunde dazu soll in diesem Februar in der nächsten Plenardebatte des Europäischen Parlaments in Straßburg stattfinden.

Außer auf neue Transparenzregeln haben sich die Abgeordneten am Donnerstag auch auf neue Formulierungen für die Verhaltensregeln geeinigt. Vorausgegangen war ein Rechtsstreit über Äußerungen eines früheren polnischen Abgeordneten: Der hatte in einer Plenardebatte gesagt, dass Frauen weniger verdienen sollten als Männer, weil sie schwächer, kleiner und dümmer seien. Der Parlamentspräsident hatte daraufhin Sanktionen gegen den Abgeordneten verhängt. Aber vor dem Europäischen Gerichtshof bekam der Mann recht; die Sanktionen seien nicht gerechtfertigt gewesen, weil seine Äußerung nicht, wie von der alten Geschäftsordnung gefordert, zu einer Störung der Arbeit des Parlaments geführt habe. Nach der neuen Geschäftsordnung kommen Sanktionen zwar weiterhin nur bei schwerwiegenden Verstößen infrage - ob die Arbeit des Parlaments gestört wird, ist aber nicht mehr entscheidend.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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