Entspannung im Atomstreit:Ein Geschäft, das allen nützt

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Nach Jahren des Stillstands ist nach den Genfer Gesprächen mit Iran endlich ein Ausweg aus dem Atomstreit in Sicht - vorausgesetzt, Teheran meint es wirklich ernst.

Paul-Anton Krüger

Noch ist es zu früh, von einem Durchbruch zu sprechen, noch ist unklar, ob die Führung in Teheran wirklich einlösen wird, was ihre Unterhändler zugesagt haben. Doch nach Jahren des Stillstands haben die Genfer Gespräche mit Iran endlich eine Perspektive eröffnet, wie ein Ausweg aus dem Atomstreit aussehen könnte.

Den Verhandlern der fünf UN-Vetomächte und Deutschlands ist ein geschickter Schachzug gelungen. Daran ändern auch die neuen Enthüllungen nichts, dass Iran weiter an der Entwicklung eines Atomsprengkopfs arbeitet. Die Vereinbarung sieht vor, dass internationale Inspektoren rasch die geheime Atomfabrik von Ghom besuchen dürfen. Zudem wird die Sechsergruppe Iran zu neuen Brennstäben für seinen Forschungsreaktor in Teheran verhelfen - eine Lieferung, die in Irans Interesse ist.

Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die Lieferung der Brennstäbe gefordert, denn andernfalls müsste der Forschungsreaktor bald abgeschaltet werden. Nun, wo Ahmadinedschad die Stäbe bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich Iran an seine Zusagen hält.

Zeit für Verhandlungen

Das Geschäft ist aber auch im Interesse des Westens. Iran muss dazu zwei Drittel seines leichtangereicherten Urans außer Landes bringen, zunächst nach Russland, wo es weiter angereichert wird, und dann nach Frankreich, wo daraus Brennstäbe produziert werden. Damit werden einige Monate gewonnen, bis die Islamische Republik wieder genug spaltbares Material herstellen könnte, um eine Bombe zu fabrizieren. Das brächte Zeit für Verhandlungen.

Zudem würde eine der Propagandalügen von Ahmadinedschad entlarvt. Irans Präsident hatte immer wieder behauptet, mit Hilfe des Atomwaffensperrvertrags wolle der Westen seinem Land die friedliche Nutzung der Nukleartechnologie vorenthalten. Durch den Brennstäbedeal wird Ahmadinedschad ein möglicher Vorwand genommen, den Sperrvertrag zu kündigen.

Diese Botschaft wirkt weit über den Konflikt mit Iran hinaus: Das Geschäft, das dem Vertrag zugrunde liegt - Verzicht auf Atomwaffen gegen Hilfe bei der zivilen Nutzung der Kernenergie - ist kein leeres Versprechen.

Wichtiger noch ist aber, dass der Deal mit den Brennstäben aufzeigt, wie ein Mittelweg beim zentralen Streitthema aussehen könnte: der Urananreicherung. Bislang fordert der Westen, Iran müsse seine Aktivitäten auf diesem Gebiet einstellen. Denn die gleiche Technologie, die zur Herstellung von Brennstoff für Reaktoren dient, kann zum Bau von Bomben missbraucht werden. Teheran aber beharrt auf dem "unveräußerlichen Recht" zur Anreicherung.

Der Westen könnte dies den Iranern durchaus zugestehen - aber eben nur dann, wenn Iran das angereicherte Material in einem Drittland lagert und dort zu Brennelementen verarbeiten lässt. Eine weitere Voraussetzung wäre zudem, dass Iran umfassende Inspektionen akzeptiert, wie sie das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag vorsieht.

© SZ vom 05.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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