Entscheidung in Potsdam:Brandenburg bekommt rot-rote Regierung

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Die Brandenburger SPD entscheidet sich für eine Koalition mit der Linken und damit gegen ein neues Bündnis mit der CDU - die spricht von "Verrat".

Constanze von Bullion

Brandenburgs SPD will in den kommenden Jahren mit der Linkspartei regieren. Am Montagabend votierte der erweiterte Landesvorstand mit neun Ja-Stimmen bei fünf Enthaltungen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Ministerpräsident Matthias Platzeck betonte, es habe nach den Sondierungen "größere Schnittmengen mit den Linken" gegeben. CDU in Bund und Land kritisierten die Entscheidung scharf.

Er könne für diesen Schritt, "nichts anderes als Empörung empfinden", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Platzecks Richtungswechsel sei "abenteuerlich". Nach zehn Jahren großer Koalition in Potsdam gebe es keinen Grund, die erfolgreiche Zusammenarbeit zu beenden. Mit einer Mehrheit von fünf Stimmen, die Rot-Schwarz im Landtag gehabt hätte, sei eine stabile Regierung möglich gewesen, sagte Pofalla. Enttäuscht zeigte sich auch Brandenburgs CDU-Vorsitzende Johanna Wanka. "Wir hatten inhaltlich alle Themen abgeräumt, da gab es keinen Dissens mehr", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Platzeck habe aber angesichts der relativ knappen Mehrheit für Rot-Schwarz Angst vor dem "Simonis-Effekt" gehabt - also davor, dass er bei der Wahl zum Ministerpräsidenten scheitern könnte. "Das ist für ihn wichtiger als alles andere." Früher habe Platzeck die Linke sehr viel kritischer beurteilt. "Ich finde, das ist Verrat an 1989", sagte Wanka.

Platzeck sagte am Abend, 20 Jahre nach dem Mauerfall könne man eine große Gruppe wie die Linken "nicht aus der Verantwortung heraushalten". Gleichzeitig rügte er den wenig geschlossenen Auftritt der Union: "Auch die CDU ist eine Partei im Umbruch. Niemand weiß, wie die Entwicklung ausgehen wird." Auf die Frage, ob er als einstiger DDR-Oppositioneller nicht persönliche Probleme mit Rot-Rot habe, sagte Platzeck: "Ich bin nicht gewählt und angetreten, mein Seelenheil darzustellen. Ich habe nüchtern Politik zu machen."

"Die Arbeit liegt noch vor uns"

Dass in Brandenburg nun das zweite rot-rote Bündnis der Republik nach Berlin seine Arbeit aufnehmen soll, traf in der Linkspartei auf Zustimmung. Zufrieden, wenn auch nicht euphorisch reagierte die Fraktionschefin der Linken, Kerstin Kaiser. "Es gab von Anfang an eine Menge inhaltlicher Übereinstimmungen", sagte sie. "Die SPD will wie wir auch in der Krise keinen Sozialabbau und Verbesserungen in der Bildung." Beide Parteien strebten "einen Haushalt mit Augenmaß" an. Auch über den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor und einen Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen könne man sich einigen. Es seien aber noch nicht alle Konflikte ausgeräumt. "Die Arbeit liegt noch vor uns."

Weit entgegengekommen ist die Linkspartei der SPD beim Thema Klimaschutz. Bislang hatte sie den Ausstieg aus dem Braunkohleabbau bis zum Jahr 2040 gefordert, während die SPD auf einem Mix aus erneuerbaren Energien und Braunkohle bestand. Nun will man den Konflikt in die Zukunft vertagen. In einem Koalitionsvertrag sollen nur die energiepolitische Ziele der kommenden fünf Jahre festgeschrieben werden.

Für einen Durchbruch an der SPD-Basis hatte zuletzt Kaisers Erklärung gesorgt, keinen Anspruch auf einen Ministerposten zu stellen. Die Politikerin hatte als Studentin für die Stasi gearbeitet. Ministerpräsident Platzeck betonte, am Kabinettstisch dürften ehemalige Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit keinen Platz haben. Am Dienstag soll nun ein Kleiner Parteitag der Linken den rot-roten Koalitionsgesprächen zustimmen, am Mittwoch könnten dann die Verhandlungen beginnen.

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