Die Linke:Dietmar Bartsch kündigt seinen Rückzug an

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Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei, hat erklärt, dass er bei der Vorstandswahl am 4. September nicht erneut kandidieren wird. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

In einem kurzfristig anberaumten Statement teilt der langjährige Fraktionschef der Linken mit, nicht mehr für den Vorsitz zu kandidieren. Mit der aktuellen Krise der Partei habe das nichts zu tun, sagt er - und erteilt ihr einen überraschenden Rat.

Von Boris Herrmann

Dass dies ein besonderer Termin werden würde, ließ sich schon daran erkennen, dass Dietmar Bartsch in Jeans und zebra-farbenen Turnschuhen im Bundestag erschien. Außerdem hatte er ausnahmsweise sein Handy zu Hause gelassen, weil die Zahl der Anrufe ohnehin nicht zu bändigen gewesen wäre, wie er sagte. Dietmar Bartsch, der bis eben noch als der ewige Fraktionschef der Linken galt, war gekommen, um eine Überraschung zu verkünden. Er gibt sein Amt tatsächlich ab. Bei der anstehenden Vorstandswahl werde er nicht erneut für den Fraktionsvorsitz kandidieren, gab Bartsch bei einem kurzfristig anberaumten Statement bekannt. "Das ist keine leichte Entscheidung für jemanden, der so lange dabei ist", sagte er.

Leicht ist das aber auch nicht für die Linke, denn die Auflösungserscheinungen in dieser Partei setzen sich damit nahtlos fort. Vor anderthalb Wochen hatte bereits Bartschs bisherige Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali ihren Rückzug erklärt. Bei der für Anfang September geplanten Wahl wird deshalb eine komplett neue Fraktionsspitze gesucht. Auch der langjährige Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte wird dann nicht mehr antreten.

Viele hätten ihn gedrängt, noch einmal anzutreten, sagt Bartsch

Bartsch sagte, er habe seinen Rückzug eigentlich schon vor der letzten Bundestagswahl beschlossen. Für seine Familie und seine engsten politischen Freunde komme das also nicht überraschend. Zuletzt klang er hinter vorgehaltener Hand aber eher so, als würde er es sich doch noch einmal anders überlegen. Einiges deutete darauf hin, dass er die Fraktion, wenn überhaupt, nur alleine weitergeführt hätte. Seinen Fraktionskollegen teilte er am Mittwoch schriftlich mit: "Ja, viele haben mich in den vergangenen Tagen und Wochen heftig gedrängt, in dieser für die Partei nicht leichten Situation noch einmal zu kandidieren. Letztlich bin ich bei meiner Entscheidung geblieben."

Bartsch, 65, war seit 2015 Vorsitzender der Linksfraktion, zunächst gemeinsam mit Sahra Wagenknecht, seit 2019 mit Mohamed Ali. Diese hatte ihren Rückzug auch damit begründet, dass Wagenknecht in der Linken gemobbt werde. Wagenknecht will sich bis zum Jahresende entscheiden, ob sie eine eigene Partei gründet. Falls es dazu kommt, droht die Fraktion zu zerfallen. Laut Bartsch hat sein Rückzug aber nichts mit der aktuellen Krise zu. "Ich will hier klar sagen, dass ich in keiner Weise die Linken aufgegeben habe. Das Gegenteil ist der Fall", sagte er. Seine Partei werde mehr denn je gebraucht.

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Mit Bartsch zieht sich einer der prominentesten Linken aus der ersten Reihe zurück. Er war bereits 1977 in die damalige SED eingetreten und hatte seit dem Mauerfall in der PDS und der Linken viele wichtige Ämter inne: Schatzmeister, Bundesgeschäftsführer, Fraktionschef. Er bleibt nun vorerst im Bundestag, aber nicht mehr als Wortführer. "Ich habe es immer unmöglich gefunden, wenn Oberschlaue vom Rand Ratschläge geben", sagte er zum Abschied - nur um seinen noch zu findenden Nachfolgern dann doch einen überraschenden Rat zu erteilen: "Ganz viel Lächeln sollte die Linke auszeichnen."

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