Seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel und dem anschließenden Krieg haben sowohl die Zahl als auch die Größe propalästinensischer Demonstrationen auf öffentlichen Plätzen zugenommen. Und immer wieder wird von Straftaten auf den Veranstaltungen berichtet. Aber wie häufig sind diese tatsächlich?
Die SZ hat dazu Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden in den zwanzig größten Städten sowie den Landeshauptstädten befragt. In den meisten Städten wurden demnach seit dem 7. Oktober Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Straftaten bei Palästina-Demos eingeleitet - besonders viele in Berlin, Bremen und Hamburg, einige wenige etwa in Stuttgart. Häufige Vorwürfe sind Volksverhetzung, Sachbeschädigung, die Billigung der Straftaten der Hamas und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger oder terroristischer Organisationen. Aber auch von Körperverletzungen wird mehrfach berichtet.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg etwa hat wegen des Verdachts auf entsprechende Vergehen allein am vorletzten Wochenende im Oktober insgesamt 24 Verfahren eingeleitet - darunter einmal wegen Körperverletzung. Am vergangenen Wochenende seien wiederum 20 "strafrelevante Vorgänge" registriert worden während einer unangemeldeten propalästinensischen Demonstration. Die Polizei Bremen bearbeitet derzeit mindestens 15 Anzeigen, besonders häufig geht es um den Slogan "From the river to the sea, Palestine will be free", der das Existenzrecht Israels infrage stellt.
Insgesamt gab es im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt 2200 Straftaten
In einigen Städten führen die Behörden Straftaten bei Demonstrationen nicht gesondert auf, so in Berlin. Allerdings sammelt die Polizei dort Strafanzeigen im Kontext des Nahostkonflikts. Bis zum 30. Oktober kam es insgesamt zu 937 solchen Anzeigen. Es dürften dann auch im Kontext von propalästinensischen Demonstrationen in Berlin überdurchschnittlich viele Straftaten begangen worden sein. Gezählt wurden etwa 52 Fälle von Volksverhetzung und 38 Körperverletzungen oder versuchte Körperverletzungen. So wurden Haftbefehle gegen zwei Männer erlassen, die Pflastersteine auf Polizisten geworfen haben sollen.
Was die Behörden auch beobachten, sind viele mutmaßlich antisemitisch motivierte Straftaten außerhalb von Demos. So wurde zum Beispiel ein israelisches Restaurant in Nürnberg mit dem Schriftzug "Kindermörder Israel" und einem großen Davidstern beschmiert. Besonders häufig wurden in mehreren Städten Israel-Flaggen gestohlen, beschädigt oder heruntergerissen. Dem Bundeskriminalamt zufolge, das von den Ländern informiert wird, wurden zwischen dem 7. Oktober und dem 2. November insgesamt 2200 Straftaten im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt gezählt, darunter Gewaltstraftaten "im mittleren dreistelligen Bereich".