Mutmaßliche Körperverletzung:Staus durch Klimaproteste - mehr als 30 Blockaden in Berlin

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Die Gruppe Letzte Generation protestiert für Klimaschutz. (Foto: Jonathan Penschek/dpa)

Die Klimagruppe Letzte Generation will Berlin lahmlegen. Das hat sie angekündigt - und ist seit einigen Tagen verstärkt aktiv in der Hauptstadt. Die Polizei geht mit einem Großaufgebot dagegen vor.

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Berlin (dpa) - Mehrere Straßenblockaden der Klimagruppe Letzte Generation haben zum Wochenstart zu Staus und Behinderungen auf Berlins Straßen geführt. Die Polizei sprach am Montagvormittag von mehr als 30 Aktionen im Stadtgebiet, an denen Klimaaktivisten auf der Straße standen, dort festgeklebt waren oder Transparente hielten. Der Bereich Charlottenburg-Wilmersdorf bildete demnach einen Schwerpunkt. Auf der A100 wurde der Verkehr zeitweise lahmgelegt. Autofahrer standen zwischen Dreieck Charlottenburg und Kreuz Schöneberg bis zu zwei Stunden im Stau, wie die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) bei Twitter mitteilte.

Laut Berliner Feuerwehr gab es in der Stadt „unzählige Behinderungen“ für Rettungsfahrzeuge. Teils seien andere Fahrzeuge rausgeschickt worden, weil andere nicht weiter kamen, sagte ein Sprecher. Konkrete Zahlen dazu nannte die Feuerwehr zunächst nicht.

Die Berliner Polizei war nach eigenen Angaben mit bis zu 500 Beamten und einem Hubschrauber im Stadtgebiet unterwegs, um die Blockaden zu verhindern beziehungsweise schnell zu beenden. Nach Angaben einer Polizeisprecherin dauerte es teils jedoch länger, festgeklebte Demonstranten von Straßen zu lösen, weil diese einen anderen Kleber verwendeten. Bei Loslösen der Menschen komme es deshalb teils zu Beschädigungen des Asphalts.

Autofahrer reagierten teils aggressiv auf die Blockaden. Auf der A100 in Höhe Abfahrt Kurfürstendamm hatten Klimaaktivisten in Richtung Schöneberg den Verkehr mit drei Fahrzeugen ausgebremst. Nachdem sie erst langsam gefahren waren, stoppten sie laut dpa-Reporter die Autos ganz und stiegen aus, um sich auf die Autobahn zu setzen. Wütende Autofahrer versuchten sie, von der Straße zu zerren.

Der Polizei seien einzelne entsprechende Fälle bekannt, sagte die Polizeisprecherin. Sie appellierte erneut an Verkehrsteilnehmer, nicht zur Selbstjustiz zu greifen, weil sie sich dadurch selbst strafbar machen würden. „Wir kommen und wir lösen die Situation“, betonte die Sprecherin.

Von der Verkehrsinformationszentrale hieß es, aufgrund der Proteste komme es auch im Busverkehr zur zahlreichen Verspätungen, Umleitungen, Ausfällen oder Einstellungen. „Wenn möglich auf S+U Bahnen ausweichen!“, lautete die Empfehlung der VIZ bei Twitter.

Die Klimagruppe Letzte Generation teilte mit: „Unsere höchsten Erwartungen wurden deutlich übertroffen! An 27 Verkehrsknotenpunkten in Berlin kam es heute zu Protesten, drei Mal so viele wie noch im letzten Herbst.“ Die Gruppe hatte angekündigt, sie wolle versuchen, von Montag an die gesamte Hauptstadt lahmzulegen. Bis zu 800 Unterstützer sollten an Aktionen und Blockaden teilnehmen.

Seit vergangenen Mittwoch ist die Gruppe wieder verstärkt in Berlin aktiv. Am Wochenende gab es verschiedene Aktionen. So wurden etwa am Samstag Schaufenster dreier Geschäfte auf dem Ku'damm mit Farbe besprüht und am Sonntag ein Konzert veranstaltet mitten auf der gesperrten Stadtautobahn gegen den geplanten Weiterbau.

Die Gruppe beklagt fehlenden Klimaschutz und verlangt die Einsetzung eines Gesellschaftsrats mit gelosten Mitgliedern. Sie fordert von der Politik einen Plan zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels, mit dem die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindert werden sollen.

„Wir nehmen nicht mehr hin, dass diese Regierung sich nicht an unsere Verfassung hält. Wir nehmen nicht länger hin, dass die Regierung keinen Plan hat, wie die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gestoppt werden kann. Wir leisten jetzt Widerstand!“, hieß es Montag von der Letzten Generation.

Die Gruppe Scientist Rebellion erklärte ihre Solidarität mit der Letzten Generation. An den Straßenblockaden seien etwa 40 Mitglieder weiterer Klimagruppen beteiligt. Unterstützung sicherte auch die Partei Klimaliste Berlin zu. Scharfe Kritik kam von der Gewerkschaft der Polizei (GdP): Bei den „Guerilla-Aktionen“ handele es sich um gezielte Straftaten. „Unser demokratischer Rechtsstaat ist nicht verhandelbar, auch nicht, wenn man seine Taten versucht, mit dem für uns alle relevanten Klimawandel zu legitimieren.“

© dpa-infocom, dpa:230424-99-427650/4

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