CSU im ZDF:Söder zählt jede Sekunde

Fair und unverschämt zugleich: Weil kein CSU-Politiker zum Rücktritt des damaligen SPD-Chefs Platzeck befragt worden war, beschwerte sich Markus Söder beim ZDF. Die Sekundenzählerei diente einem Zweck: die Redaktion daran zu erinnern, wer bei öffentlich-rechtlichen Sendern über Karrieren und Etats entscheidet.

Detlef Esslinger

Der Brief von Markus Söder an den ZDF-Intendanten war ebenso fair wie unverschämt. Sechseinhalb Jahre ist es nun her, dass sich der damalige CSU-Generalsekretär beschwerte. Der Anlass: In den Berichten zum Rücktritt des damaligen SPD-Chefs Platzeck war kein Christsozialer zu Wort gekommen. Im Zuge der Recherchen zur CSU-Medienaffäre ist der Vorgang publik geworden.

Das Gute an dieser Beschwerde ist, dass sie mit offenem Visier erfolgte. Söder hielt sich an den Dienstweg, woraus man ihm kaum einen Vorwurf machen kann. Andererseits diente die Sekundenzählerei ja nur einem Zweck: Der Mann teilte so mit, wie genau seine Partei das ZDF beobachtet. Und wer entscheidet in öffentlich-rechtlichen Sendern noch mal über Karrieren und Etats? Eben.

Dabei gehören Kommentare von CSU- oder auch SPD-Generalsekretären zur Lage bei der Konkurrenz zum Entbehrlichsten im Fernsehen überhaupt. "Ein weiteres Beispiel für den Niedergang der . . ." - solches Zeugs sprechen sie dann.

Überhaupt, die Union. Immer meint sie, im Fernsehen doppelt auftreten zu dürfen, als CDU und als CSU. Aber was zum Beispiel hat die CSU mit einer Wahl in Niedersachsen zu schaffen, dass sie danach wie selbstverständlich an der "Berliner Runde" teilnehmen darf? Den Intendanten möchte man erleben, der diesen Brauch mal kippt. Er hätte vermutlich einen eigenen Gedenktag verdient.

© SZ vom 05.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: