Kirchen und Corona:Auf unterschiedlichen Wegen zum Altar

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Die Religion auszuüben, ist ein Grundrecht. Aber Gottesdienste sind in diesen Zeiten gefährlich - ein Dilemma für Kirchen.

Von Annette Zoch, München

"Wenn die Abstandsregeln eingehalten werden, besteht kein Grund, auf Gesang gänzlich zu verzichten. Auf lauten Gemeindegesang sollte jedoch verzichtet werden, weil Singen ein Risikoverhalten darstellt." So heißt es in den Hygiene-Empfehlungen zur Durchführung von Gottesdiensten, welche die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) am Freitag veröffentlicht hat.

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gab ein Eckpunktepapier heraus, in dem etwa "dringend empfohlen" wird, während des Gottesdienstes eine Schutzmaske zu tragen.

Mehr als 15 von den Religionsgemeinschaften vorgelegte Schutzkonzepte haben Bund und Länder an diesem Freitag beraten. Am Montag soll die Lockerung des Gottesdienstverbots Thema im Corona-Kabinett der Bundesregierung sein. Die Bundesregierung sei sich der Bedeutung der Religionsfreiheit bewusst, sagte eine Sprecherin. Gerade vor dem Hintergrund der Pandemie könne die Religion vielen Menschen "Trost und Kraft" spenden. Schon Ostern fand einsam vor dem Bildschirm statt. Muslime feiern derzeit Ramadan auf Distanz, und Juden mussten an Pessach zu Hause bleiben. Die Ausübung der Religion ist ein Grundrecht, anders als etwa das Recht auf einen Haarschnitt. Gleichzeitig gehören viele Kirchgänger zur Risikogruppe der Älteren.

Wenn schon bei Schulbesuch und Ladenöffnung ein föderaler Flickenteppich herrscht, gilt das bei Gottesdiensten noch viel mehr. Zum einen verlaufen die 27 katholischen Bistümer und die 20 evangelischen Landeskirchen nicht entlang territorialer Grenzen. Zum anderen haben auch bei diesem Thema viele Bundesländer längst eigene Linien ausgegeben. Das Bistum Münster beispielsweise erstreckt sich über Niedersachsen und NRW. Nordrhein-Westfalen ist hier erneut weiter gegangen als andere Länder: Anders als in Sachsen oder Thüringen, wo Gottesdienste schon wieder erlaubt sind, soll es dort keine Begrenzung der Teilnehmerzahlen geben. Das hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Donnerstagabend verkündet. NRW habe als einziges Land Gottesdienste zu keinem Zeitpunkt verboten, betonte sein Vize Joachim Stamp (FDP): "Die Religionsgemeinschaften und die Gläubigen haben mit ihrem selbst gewählten Verzicht auf gemeinsame Gottesdienste einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Eindämmung der Pandemie geleistet."

Nicht alle Kirchenvertreter sind jedoch uneingeschränkt begeistert von der Öffnung: "Der Gesundheitsschutz muss absolute Priorität haben", sagte Manfred Rekowski, der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland: "Es geht nicht darum, den kürzesten Weg zum Altar zu finden." Ähnlich zurückhaltend äußerte sich der katholische Bischof Gerhard Feige aus Magdeburg auf katholisch.de. Feige fragte: Gegenüber dem Leid derer, die um ihr eigenes Leben oder das ihrer Verwandten bangen müssten, "sind unsere Gottesdienstausfälle nicht fast Luxusprobleme?"

© SZ vom 25.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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