EU-Gesundheitskommissarin:Ruhig und souverän gegen das Coronavirus

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Kyriakides genießt hohes Ansehen in Brüssel. (Foto: Francois Lenoir/Reuters)

Stella Kyriakides ist die EU-Koordinatorin im Kampf gegen die Epidemie und warnt vor Desinformationskampagnen - damit hat sie bereits Erfahrungen gemacht.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Hinter Stella Kyriakides liegen anstrengende Tage, und ein Ende des Krisenmodus ist nicht in Sicht. Als EU-Gesundheitskommissarin ist die Christdemokratin aus Zypern dafür zuständig, in Brüssel den Kampf gegen das Coronavirus zu koordinieren. Seit Italien einige Orte unter Quarantäne gestellt hat, ist Kyriakides damit beschäftigt, die Mitgliedstaaten zu einer engen Zusammenarbeit aufzufordern und die Europäerinnen und Europäer davor zu warnen, in Panik zu verfallen.

Mit dem für Krisenmanagement zuständigen EU-Kommissar Janez Lenarčič arbeitet Kyriakides federführend im neuen "Corona Response Team", das Ursula von der Leyen am Montag vorgestellt hat. Die Botschaft im Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen: Die Situation mag sich "sehr schnell ändern", aber bei der EU-Kommission laufen alle Informationen zusammen. Und da "Viren eben keine Grenzen kennen", wie Experten seit Wochen wiederholen, kommt der stets elegant gekleideten 63-Jährigen eine Schlüsselrolle zu. An der Seite ihrer Chefin kündigte sie an, bis zum Sondertreffen am Freitag mit allen Gesundheitsministern zu sprechen, um den Stand der nationalen Vorsorgepläne abzufragen, damit Probleme erkannt und Hilfe organisiert werden können. Den Familien der 38 nach einer Corona-Infektion verstorbenen EU-Bürgern sprach sie ihr Beileid aus.

Ihre ruhige Art, ihr souveränes Auftreten und ihr makelloses Englisch verstärken den Eindruck, dass Kyriakides für ihre schwierige Aufgabe gut gerüstet ist. Gesundheitspolitik ist Sache der Mitgliedstaaten, die Kommission agiert also vor allem als Vermittlerin. "Wir können Best-Practice-Beispiele ausmachen und dabei helfen, dass andere Länder davon lernen", sagte sie Ende Januar. Dieser Ansatz ist auch im Kampf gegen das Coronavirus vielversprechend.

Genügend Fachkenntnisse besitzt Kyriakides, die Klinische Psychologie in Großbritannien studiert und fast drei Jahrzehnte im Gesundheitsministerium in Nikosia gearbeitet hat. Nach einem mehrtägigen Aufenthalt in Rom und vielen Gesprächen mit Italiens Behörden sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Kyriakides nun zurück in Brüssel, wo sie große Wertschätzung genießt. Im Europaparlament stimmte im Oktober nach ihrer Anhörung nur die rechte Fraktion "Identität und Demokratie", zu der die AfD gehört, gegen sie.

Regelmäßig die Hände waschen - und Ruhe bewahren

Eigentlich hatte Ursula von der Leyen der Zyprerin als wichtigste Aufgabe den "Masterplan für die Bekämpfung gegen Krebs" in ihren Mission Letter geschrieben, also in jene To-do-Liste, die alle Kommissare erhalten. Für bessere Aufklärung und mehr Investitionen in die Forschung gegen diese Krankheit kämpft Kyriakides mit Leidenschaft und aus eigener Betroffenheit: An ihrem 40. Geburtstag wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert, später kam der Tumor zurück. Zuvor war ihre Mutter an Brustkrebs gestorben.

Von 2004 bis 2006 setzte sie sich als Präsidentin von "Europa Donna", einem Verbund an Selbsthilfeorganisationen, für bessere Früherkennung ein. "Die persönlichen Erfahrungen können ein Motor sein, um politisch etwas zu bewirken", sagte Kyriakides am Weltkrebstag im EU-Parlament. Sie hatte 2006 die Seiten gewechselt und erfolgreich fürs Parlament kandidiert. Politische Erfahrung sammelte sie auch in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, der auch die Ukraine, Armenien oder Aserbaidschan angehören und in der es vor allem auf Dialog ankommt.

Einen Aspekt vergisst Kyriakides bei allen Auftritten rund um Covid-19 nie: Sie bittet die Bürger, den Behörden zu vertrauen und warnt davor, auf Desinformationskampagnen hereinzufallen. Sensibilisiert für diese Gefahr wurde sie unter anderem durch die im Internet sehr aktive Szene der Impfgegner.

Im Kampf gegen das Coronavirus weiß die Gesundheitsexpertin, was jeder Einzelne tun kann: Hygienevorschriften einhalten, regelmäßig die Hände waschen - und Ruhe bewahren.

© SZ vom 03.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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