Coronavirus:Die Krise ist keine moralische Erziehungsanstalt

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Die ersten Tage des Frühlings: Eine Hausfassade in Toulouse dieser Tage. (Foto: Hans Lucas/imago images)

Viele glauben, dass mit Corona eine neue Zeit der Solidarität beginnen könnte. Unser Kolumnist hat mit Tschernobyl, Rechtsruck und Anti-Terror-Politik schon einige politische Extremphasen erlebt und ist skeptisch: Die Not taugt nicht zum sozialen Erweckungserlebnis.

Kolumne von Karl-Markus Gauß

Das waren Zeiten! Wir befinden uns im Mai 1962 und in der zweiten Klasse einer Volksschule in Salzburg. Eines Vormittags gegen neun trat der Herr Direktor, ein strenger Oberst in ziviler Verwendung, in die Klasse und ordnete an, dass wir zu Mittag in geordneten Formationen nach Hause eilen sollten und drei Wochen der Schule fernzubleiben hatten. Wir standen stramm, dann erhielt ein jeder von der Frau Lehrer - keiner hätte sie je mit der weiblichen Form der Berufsbezeichnung angesprochen - einen Brief an seine Eltern, von dessen Inhalt uns erst diese selbst unterrichteten. Darin stand, dass eine Mitschülerin an Scharlach erkrankt sei und daher, um die Verbreitung der gefährlichen Krankheit zu verhindern, der Unterricht in der Klasse 2a eingestellt werde.

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