Baden-Württemberg:Der Jüngling, der es mit Kretschmann aufnehmen will

Lesezeit: 2 Min.

CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag ist Manuel Hagel aus Ehingen in Oberschwaben bereits, nun soll der Landesvorsitz folgen. (Foto: Bernd Weißbrod/picture alliance/dpa)

Manuel Hagel schickt sich an, Vorsitzender der einst mächtigen Südwest-CDU zu werden. Viele trauen ihm viel zu, und einen ersten Test hat er schon bestanden: Er brachte den grünen Ministerpräsidenten in Wallung.

Von Max Ferstl

Manuel Hagel ist vor Kurzem das seltene Kunststück gelungen, Winfried Kretschmann zu provozieren. Normalerweise pflegt Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident, mit großer Gelassenheit über den Niederungen der Landespolitik zu schweben. Doch dann mischte sich der CDU-Fraktionschef Hagel so forsch in die grüne Thronfolge-Debatte ein, dass es selbst Kretschmann als übergriffig empfand.

Parteistrategen erörtern schon lange die Frage, ob der 75-Jährige sein Amt eines Tages vorzeitig an einen aussichtsreichen Nachfolger abgeben könnte. Für Hagel ist das allerdings "keine Option". Seine Fraktion werde keinen anderen Grünen zum Ministerpräsidenten wählen, "Diskussion beendet". Kam beim Koalitionspartner nicht gut an. Kretschmann empfahl kühl "einen Blick in den Koalitionsvertrag", wo nachzulesen sei, dass die Grünen den Posten besetzen, nicht die CDU. "Kretschmann rüffelt Hagel", lauteten die Schlagzeilen.

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Gut möglich, dass die beiden bald noch intensiver miteinander zu tun haben werden. Am Montag hat der bisherige CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl angekündigt, beim nächsten Parteitag im November nicht mehr für das höchste Parteiamt kandidieren zu wollen. Er schlug Hagel als seinen Nachfolger vor. Der will sich zwar erst am Mittwoch zu seinen Plänen äußern, seine Ambitionen dürfen aber als gesichert gelten. Hagel schickt sich an, zum mächtigsten Mann in der Südwest-CDU aufzusteigen, damit wäre er der logische Spitzenkandidat bei der nächsten Landtagswahl.

Das Selbstvertrauen der Partei ist stark angeschlagen

2026 wollen die Christdemokraten die Villa Reitzenstein von den Grünen zurückerobern. Drei Wahlniederlagen in Serie haben das Selbstvertrauen der einstigen "Baden-Württemberg-Partei" schwer beschädigt. Den alten Glanz soll Hagel in die Gegenwart holen. Eine gewaltige Aufgabe für jemanden, der mit 35 Jahren fast noch Mitglied in der Jungen Union sein könnte.

Hagel stammt aus Ehingen in Oberschwaben und gibt sich in seinen Reden keinerlei Mühe, die eigene Herkunft zu verschleiern. Dass ausgeprägter Dialekt in Baden-Württemberg alles andere als ein Ausschlusskriterium für das höchste Regierungsamt ist, das beweist Kretschmann seit mehr als einem Jahrzehnt. Bevor Hagel seine volle Aufmerksamkeit der Politik widmete, war er Filialleiter der Sparkasse Ehingen. Manche Zweifler wollen darin ein Indiz für mangelnde Strahlkraft erkennen. Seine Fans halten mit dem Hinweis dagegen, dass er sein Führungstalent schon in sehr jungen Jahren bewiesen habe.

2016 zog er erstmals in den Landtag ein. Kurz darauf ernannte Strobl den Neuen zum Generalsekretär. Zunächst fiel Hagel als konservativer Provokateur auf, bevor er seine politische Heimat in der bürgerlichen Mitte fand. 2021 stieg er zum Fraktionsvorsitzenden auf - und schaffte das Kunststück, in einem notorisch zerstrittenen Landesverband so etwas wie Waffenruhe herzustellen. "Er bemüht sich wirklich, die Partei zusammenzuführen", sagt einer aus dem Parteivorstand, der Hagel viel zutraut. Andererseits müsse man abwarten, ob der Hoffnungsträger auch mit Rückschlägen umgehen könne. Bisher ging es ja immer nur nach oben.

Er weiß: Die Chancen bei der nächsten Wahl stehen so gut wie lange nicht

Hagel gilt als weitsichtiger Stratege. Dass er in der Nachfolge-Diskussion die Konfrontation mit den Grünen sucht, dürfte kaum einer spontanen Laune entsprungen sein. Hagel weiß, dass die Chancen bei der nächsten Landtagswahl für die CDU einerseits so gut sind wie lange nicht, schließlich müssen die Grünen ohne die Überfigur Kretschmann antreten. Andererseits dürfte Hagel auch wissen, dass er an Prominenz und Gewicht noch zulegen muss, wenn der Hauptkonkurrent 2026 möglicherweise Cem Özdemir heißt. Der Bundeslandwirtschaftsminister spielt in den Überlegungen der Grünen eine zentrale Rolle. Ihm traut die Partei am ehesten die große Aufgabe zu, die grüne Vorherrschaft nach Kretschmann zu sichern.

Hagel wird sein Profil also schärfen müssen. Ein naheliegendes Mittel dürften dabei gezielte Provokationen des Koalitionspartners sein, mit dem die Christdemokraten bisher auffallend harmonisch regieren. Es spricht einiges dafür, dass der Ton demnächst rauer werden könnte.

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