Bundeswehr:Es bleibt ein Imageschaden für von der Leyen

Ursula von der Leyen empfängt Sylvie Goulard

"Widerwärtig" nannte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Aufnahmerituale in Pfullendorf, nachdem sie entsprechende Videos gesehen hatte.

(Foto: Britta Pedersen/dpa)
  • Die Kaserne in Pfullendorf geriet wegen seltsamer Rituale in die Schlagzeilen.
  • Die zuständige Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen zu einem Teil der Vorwürfe eingestellt.
  • Ursula von der Leyen gerät deshalb weiter unter Druck, weil sie der Bundeswehr Führungsschwäche und ein Haltungsproblem vorgeworfen hat.
  • Der Fall Pfullendorf und die Ergebnisse der Ermittlungen im Überblick.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Ursula von der Leyen (CDU) steht derzeit von vielen Seiten her unter Druck. Noch immer gärt in der Bundeswehr Unmut darüber, dass die Verteidigungsministerin ihr "Führungsschwäche" und ein "Haltungsproblem" unterstellt hatte. Zuletzt kam die Kritik auf, von der Leyen habe Vorwürfe aufgebauscht, wonach es am Standort Pfullendorf zu fragwürdigen Ausbildungspraktiken, entwürdigenden Aufnahmeritualen und Mobbing gekommen sei.

Ausgelöst wurde dies dadurch, dass die zuständige Staatsanwaltschaft Hechingen die Ermittlungen zu einem Teil der Vorwürfe eingestellt hat. Gegen einzelne Personen ermittelt sie weiter. Zuletzt hat die politische Debatte noch einmal an Fahrt aufgenommen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach von der Leyen vergangene Woche die Merkmale "Führungsqualität, Transparenz und Wahrhaftigkeit" ab. Darüber drohen die eigentliche Vorgänge aus dem Blick zu geraten.

Worum ging und geht es in Pfullendorf?

Es geht dort, im Ausbildungszentrum Spezielle Operationen, um Vorwürfe in mehreren Komplexen: "Herabwürdigende Praktiken in der lehrgangsgebundenen Sanitätsausbildung und Mobbing" sowie "Misshandlungen mit entwürdigenden Aufnahmeritualen bei Mannschaftssoldaten", wie es in einem Ministeriumsbericht heißt. Umstritten sind letztlich nur die Vorwürfe zu Sanitätsausbildung und Mobbing.

Wie lauten hier die Vorwürfe?

Bereits im Sommer 2016 informierte eine Soldatin Vorgesetzte darüber, dass in Pfullendorf aus ihrer Sicht herabwürdigende Methoden angewandt würden - unter anderem das "Abtasten des unbekleideten Genitalbereichs mit nicht behandschuhter Hand und anschließender Geruchsprobe" oder das "Öffnen der Gesäßbacken zur Inspizierung des Afters".

Später präzisierte sie, dass der Intimbereich nur kurzzeitig entblößt worden sei und sie diese Untersuchungen nur von Männern an Männern gesehen habe, aber nicht an Frauen. Zudem sei sie gemobbt und aufgefordert worden, an einer Tanzstange zu tanzen. Die Angelegenheit erreichte den Generalinspekteur sowie den Wehrbeauftragten, die beide Ermittlungen anstellten - zumal sich bereits 2014 eine Soldatin über ein frauenfeindliches Klima in Pfullendorf beklagt hatte.

Und die Aufnahmerituale?

Hier wurden Soldaten auf einem Stuhl fixiert, um dann mit einem Beutel über dem Kopf im Waschraum mit kaltem Wasser abgeduscht zu werden. Das Ganze wurde gefilmt. Die Ermittlungen laufen hier weiter - rechtliche Konsequenzen noch offen.

Wie wurden die Vorgänge öffentlich?

Am 24. Januar wurden aus Pfullendorf die Aufnahmerituale gemeldet. Am 27. Januar informierte das Ministerium den Verteidigungsausschuss - und bezog dabei die Vorwürfe zu den fragwürdigen Ausbildungspraktiken mit ein. Ebenfalls am 27. Januar erschien ein erster Artikel bei Spiegel Online über "Sadistische Rituale bei der Kampfsanitäter-Ausbildung".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema