Die Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hadert mit dem Aussetzen der Wehrpflicht. "Früher gab es spätestens dann einen Berührungspunkt, wenn man selbst oder jemand in der Familie sich entscheiden musste, ob er zur Bundeswehr geht oder Zivildienst macht. Das gibt es so nicht mehr", sagte die Politikerin der Süddeutschen Zeitung. "Vielen ist nicht bewusst, was die Bundeswehr für uns alle leistet und wo sie überall im Einsatz ist", beklagte die Ministerin.
In früheren Aussagen hatte sie bereits klargemacht, dass sie nichts davon hält, die Wehrpflicht wiedereinzuführen. Sie will aber die Truppe wieder stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken. Auf ihren Wunsch hin wird es am Dienstag das erste Mal seit 2013 wieder ein öffentliches Gelöbnis vor dem Reichstag in Berlin geben.
Die Bundeswehr war am 12. November 1955 gegründet worden. Annegret Kramp-Karrenbauer hatte sich mit ihrem Amtsantritt im Sommer dafür starkgemacht, diesen Tag dafür zu nutzen, der Bundeswehr wieder den öffentlichen Raum für die Zeremonie zu geben. "Wegen der Aussetzung der Wehrpflicht gibt es leider eine gewisse Entwöhnung von der Bundeswehr", sagte Kramp-Karrenbauer der SZ.
Am Reichstag werden 400 Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr bei einem feierlichen Appell ihr Gelöbnis ablegen. Vor Angehörigen, Freunden und Bekannten bekennen sich die Soldaten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und geloben, "der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen". Die Gelöbnis-Ansprache hält Kramp-Karrenbauer, als Ehrengast soll Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sprechen.
Auch andere Bundesländer sollten nach dem Willen von Kramp-Karrenbauer dem Beispiel folgen, sie wünschte sich öffentliche Gelöbnisse in allen Bundesländern. Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren wird es in München wieder ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr geben, allerdings erst am 18. November. Dies hatte beispielsweise Bayerns Ministerpräsident Markus Söder angekündigt. In Hessen, wo es große Offenheit für den Vorschlag gab, wird es dagegen kein öffentliches Gelöbnis geben. Es gebe für diesen feierlichen Anlass zu wenige Rekruten, die noch nicht vereidigt seien, erklärte ein Regierungssprecher in Wiesbaden. Das habe die Bundeswehr der Staatskanzlei mitgeteilt.
Solche Großveranstaltungen sind nach wie vor umstritten, auch wenn der Protest dagegen in der Vergangenheit schon spürbar nachgelassen hatte. Nach Angaben des Bundeswehrverbands gibt es jährlich etwa 150 dieser Veranstaltungen. In der jetzigen Form wurden sie 1956 eingeführt. Die Kritiker wandten sich gegen die Zurschaustellung des Militärischen im öffentlichen Raum. Das hatte teilweise zur Folge, dass die Gelöbnisse nicht mehr auf öffentlichen Plätzen, sondern hinter den Mauern von Kasernen stattfanden. In Berlin kündigten Gegner des Gelöbnisses bereits eine Demonstration unter dem Titel "64 Jahre - Kein Grund zu feiern - Bundeswehr abschaffen" an.