Bundesregierung:Die Ampel will jetzt liefern

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Alle Augen sind ihn gerichtet: An diesem Wochenende will Bundeskanzler Olaf Scholz das dritte Entlastungspaket präsentieren. (Foto: John MacDougall/AFP)

Mit dem dritten Entlastungspaket möchte die Bundesregierung frühere Fehler korrigieren. Vom Koalitionsausschuss soll aber auch ein Signal ausgehen - an die Bürger und auch an die Opposition.

Von Peter Fahrenholz, Henrike Roßbach und Mike Szymanski, Berlin

Dieses Mal muss es sitzen. Seit Tagen wurden Papiere geschrieben und Erwartungen geschürt - nun muss die Ampel liefern. Am Samstagvormittag kommt der Koalitionsausschuss zusammen, danach soll das dritte Entlastungspaket stehen. Allerdings ist die Regierung nicht nur unter Druck, ein inhaltlich überzeugendes Paket abzuliefern, das bei denjenigen, die besonders unter den finanziellen Belastungen leiden, das Gefühl aufkommen lässt: Ja, damit lassen sich die nächsten Monate überstehen. Nein, es geht auch um die B-Note, um die, wenn man so will: Performance.

Die nämlich war zuletzt wenig glücklich. Sozialdemokratische Sticheleien gegen den unter Druck stehenden grünen Wirtschaftsminister, grüne Breitseiten gegen den SPD-Kanzler: Der Koalitionssegen hing schief, mitten in der Krise. Nachdem der Kanzler in Meseberg behauptet hatte, man arbeite "sehr vertraulich, sehr sorgfältig" für ein "sehr gutes und gut geschneidertes Programm", war klar: Dieses Mal müssen Inhalt und Verpackung stimmen. Das Entlastungspaket, es ist längst mit einer Bedeutung aufgeladen, die seine bloße monetäre Dimension übersteigt.

Am Freitag signalisierte ein zuversichtlicher Kanzler Scholz am Rande der SPD-Fraktionsklausur in Dresden, man werde zusammenkommen, das Paket sei schon gut vorgearbeitet worden. Die Koalition eint der Wunsch, den Eindruck zu erwecken: Wir haben es unter Kontrolle. Auch deshalb wurde ungewöhnlich intensiv an einer formschönen Auslieferung des nächsten Entlastungspakets gearbeitet.

Mit Nachtsitzungen hat die Koalition keine guten Erfahrungen gemacht

Sichtbar wurde das an der kuriosen Terminfindung für den Koalitionsausschuss. Tagelang blieb offen, an welchem Tag sich die Protagonisten zusammensetzen würden. Zum Terminkalenderabgleich kam die Unwägbarkeit hinzu, ob man bis zum jeweiligen Tag X die inhaltlichen Differenzen würde ausräumen können. Denn, auch das ist Teil der B-Note: Eine Nachtsitzung will keiner der drei Partner. Auf solche zweifelhaften Formate zu verzichten, hatten sie sich schon in den Koalitionsverhandlungen vorgenommen. Und als beim zweiten Entlastungspaket gegen diesen Vorsatz verstoßen wurde, kam dann prompt auch ein teures, aber wenig konsistentes Sammelsurium heraus. Wer aber nicht 20 Stunden am Stück verhandeln will, muss nun mal die gröbsten Differenzen vorher ausräumen.

Das aber dauert, während die Zeit drängt. Kommende Woche startet der Bundestag mit einer Haushaltswoche in den parlamentarischen Betrieb nach der Sommerpause. Am Mittwoch steht demenentsprechend die Generaldebatte zum Kanzleretat an - und die Ampel dürfte wenig Interesse daran haben, dass sich die Rede von Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz quasi von selbst schreibt. Nur weil SPD, Grüne und FDP immer noch an ihrem Entlastungspaket laborieren.

Bei all den Erwartungen an Form und Funktion steht die Regierung auch noch vor der Aufgabe, zwar keine Panik aufkommen zu lassen, aber trotzdem den Ernst der Lage zu vermitteln. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte der Süddeutschen Zeitung: "Wir müssen klarmachen, dass wir nicht alles kompensieren können. Jene, denen es gut geht, werden Einbußen erleiden, aber das können sie verkraften. Wir müssen denen helfen, die wirklich in existenzielle Nöte geraten." Das ist es, was verglichen mit früheren Hilfen anders sein soll an diesem Hilfspaket, das am Samstag im Kanzleramt geschnürt werden soll: Unterstützung nicht mehr nach dem Prinzip Gießkanne. "Es muss uns gelingen, zielgenauer zu helfen", sagte Klingbeil. Auch Grüne und FDP haben bereits deutlich gemacht, dass sie die neuen Hilfen präziser und bedarfsorientierter konzipieren wollen. Außerdem wollen alle drei Partner Fehler heilen, die beim letzten Mal passiert sind - etwa dass Rentner nicht berücksichtig wurden bei der Energiepauschale von 300 Euro.

In den Umfragen profitieren nur die Grünen von der Ampelregierung

Anders als die Grünen haben SPD und FDP in den Umfragen bislang nicht profitieren können von der Ampelkoalition. Die Sozialdemokraten sind schon wieder auf unter 20 Prozent abgesackt - und im Oktober wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bekommt im Wahlkampf bereits den Unmut über das Regierungshandeln in Berlin zu spüren. Auch die FDP ist mit Umfragewerten weit unter ihrem Bundestagswahlergebnis unter Druck.

"Wir haben gerade viele Krisen, die miteinander zusammenhängen. Da ist es doch klar, dass die Partei, die den Kanzler stellt, auch mal Kritik abbekommt", sagt Klingbeil zur Lage der SPD. "Entscheidend ist, dass die Menschen am Ende dieser Krise sagen: Dieser Kanzler hat uns da gut durchgeführt."

Das allerdings, also das Ende der Krise, dürfte noch etwas auf sich warten lassen. Das mühsam geschnürte Paket von diesem Wochenende - es wird deshalb womöglich nicht das letzte gewesen sein.

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:"Es muss uns gelingen, zielgenauer zu helfen"

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