IIn der Linkspartei wird erwogen, bei der Wahl des Bundespräsidenten die deutsch-französische Journalistin Beate Klarsfeld gegen Joachim Gauck antreten zu lassen. Eine solche Kandidatur habe "viel für sich", hieß es am Mittwoch aus der Bundestagsfraktion. Die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch hatte am Sonntag bei einem Landesparteitag in Brandenburg die 73-Jährige als Persönlichkeit mit den richtigen Qualitäten für das Amt des Bundespräsidenten gewürdigt und gesagt: "Wenn ich mir eine Bundespräsidentin wünschen dürfte, dann wäre es eine Frau wie Beate Klarsfeld."
Dies war zwar zunächst nicht als konkreter Vorschlag gemeint gewesen, wurde zuletzt aber doch ernsthaft diskutiert. Die Linke will an diesem Donnerstagnachmittag bei einem Spitzentreffen in Berlin entscheiden, ob sie einen eigenen Bewerber gegen den von ihr abgelehnten Kandidaten Gauck nominiert. Dies komme nur mit einer Persönlichkeit mit Wirkung über die Partei hinaus in Frage, hatte Lötzsch am Montag klargestellt.
Klarsfeld war 1968 mit einer Ohrfeige bekannt geworden, die sie dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger wegen dessen Nazi-Vergangenheit versetzt hatte. Mit ihrem Mann Serge hatte sich Klarsfeld schon zuvor dem Kampf gegen frühere Nazi-Funktionäre und gegen Antisemitismus verschrieben.
Bekannt durch eine Ohrfeige
Jahrzehntelang bemühte sich das Paar um die Auslieferung des in Bolivien lebenden ehemaligen Gestapo-Chefs von Lyon, Klaus Barbie, an Frankreich. 1983 wurde dieser schließlich verhaftet und vor Gericht gestellt. In Frankreich hat Klarsfeld zahlreiche Auszeichnungen erhalten.
Eine Ehrung mit dem Bundesverdienstkreuz, die zuletzt der Chef der Linksfraktion, Gregor Gysi, vorschlug, ist bisher ausgeblieben. Deshalb sei eine mögliche Präsidentschaftsnominierung ein starkes Zeichen, hieß es aus der Linken. Auf die Frage, ob sie ein Angebot annehmen würde, sagte Klarsfeld dem Tagesspiegel: "Mal sehen. Warum nicht?"
Vor der Beratung mit den Spitzen aus Partei, Fraktion und Ländern wurden Absprachen der Vorsitzenden Lötzsch und Klaus Ernst mit Fraktionschef Gysi und Ex-Parteichef Oskar Lafontaine erwartet. Eine Festlegung gebe es noch nicht, war zu hören. Ernst äußerte sich intern skeptisch über eine eigene Nominierung der Linken. Auch andere sprachen sich dafür aus, es in der Bundesversammlung am 18. März bei Stimmen gegen Gauck zu belassen, dem die Linke soziale Kälte vorwirft.
In der Partei herrschte allerdings Sorge, dass es neben Gauck mindestens einen weiteren Kandidaten, etwa von der NPD, geben könnte. In diesem Fall würden die 125 Wahlleute der Linken ihre Ablehnung Gaucks nicht durch eine Nein-Stimme, sondern nur durch eine Enthaltung ausdrücken können. Der von der Piratenpartei und Teilen der Linken ins Gespräch gebrachte Kabarettist Georg Schramm steht nicht zur Verfügung.