Bundesversammlung:Steinmeier als Bundespräsident wiedergewählt

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Frank-Walter Steinmeier freut sich mit seiner Frau, Elke Büdenbender, über die Wiederwahl. (Foto: REUTERS)

1045 Stimmen im ersten Wahlgang: Mit breiter Mehrheit hat die Bundesversammlung Frank-Walter Steinmeier für weitere fünf Jahre als Bundespräsident bestätigt. In seiner Antrittsrede verspricht er, die Demokratie zu verteidigen - und wendet sich direkt an Russlands Präsident Putin.

Frank-Walter Steinmeier ist als Bundespräsident im ersten Wahlgang wiedergewählt worden und hat damit eine zweite, fünfjährige Amtszeit vor sich. Auf ihn entfielen am Sonntag in der Bundesversammlung 1045 der 1437 abgegebenen Stimmen. Das gab Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) bekannt.

In seiner Rede nach der Wiederwahl wies Steinmeier Wladimir Putin in klaren Worten die Verantwortung für die Eskalation im Ukraine-Konflikt zu. An den russischen Präsidenten richtete er die Worte: "Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!" Gleichzeitig lud das Staatsoberhaupt den Kremlchef ein, Teil einer europäischen Friedensgemeinschaft zu sein. Ein weiteres großes Thema war der gesellschaftliche Zusammenhalt in Zeiten der Pandemie. "Wer für die Demokratie streitet, hat mich an seiner Seite. Wer sie angreift, wird mich als Gegner haben", so Steinmeier. Seinen ersten Tag als alter und neuer Bundespräsident werde er bewusst in Ostdeutschland verbringen.

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Direkt wandte sich Steinmeier an seinen unterlegenen Gegenkandidaten Gerhard Trabert. Der Mainzer Sozialmediziner war von den Linken aufgestellt worden und wollte mit seiner Kandidatur vor allem auf die Ärmsten in Deutschland aufmerksam machen. Steinmeier bot ihm eine Zusammenarbeit im Kampf gegen Obdachlosigkeit an. "Sie haben mit Ihrer Kandidatur auf ein Thema aufmerksam gemacht, das mehr Aufmerksamkeit verdient: die Lage der Ärmsten und Verwundbarsten in unserem Land", sagte der Bundespräsident. "Dafür, Herr Trabert, gebührt Ihnen nicht nur Respekt, sondern ich hoffe, dass Ihr Impuls erhalten bleibt."

Insgesamt waren drei Gegenkandidaten angetreten. Die Astrophysikerin und Kommunalpolitikerin Stefanie Gebauer, von den Freien Wählern ins Rennen geschickt, erhielt 58 Stimmen. Trabert bekam im ersten Wahlgang 96 Stimmen. Der Ökonom Max Otte, CDU-Mitglied, aber von der AfD aufgestellt, erhielt 140 Stimmen. Steinmeier, der seit 2017 Bundespräsidenten ist, wurde von den Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP sowie von der CDU/CSU-Opposition unterstützt. Seine drei Gegenkandidaten galten schon im Vorfeld als chancenlos.

Das Coronavirus hatte die Bundesversammlung vor große Herausforderungen gestellt, wie Bas in ihrer Begrüßungsrede betonte. Zum ersten Mal wurde das Staatsoberhaupt während einer Pandemie gewählt. Bas beklagte, dass diese zu einer Polarisierung der Bevölkerung geführt habe, in der sich Menschen scheinbar unversöhnlich gegenüberstünden. Viel Verbindendes drohe verloren zu gehen, deshalb seien Mut, Zuversicht und ein respektvoller Ton im Umgang mit Andersdenkenden jetzt so wichtig. "Die Mehrheit hat nicht automatisch Recht - die Minderheit aber auch nicht", sagte Bas. Alle müssten nun aufeinander zugehen.

Viele Nachrücker wegen Corona

Wegen der Pandemie hatte man bei der Wahl auch für ausreichend Abstand sorgen müssen. Zudem war die Bundesversammlung groß wie nie. Die 1472 Wahlleute konnten deshalb nicht wie sonst üblich im Plenarsaal des Bundestags zusammenkommen, sondern wurden nebenan im Paul-Löbe-Haus auf fünf Stockwerke verteilt. Viele Wahlleute konnten die Abstimmung also auch nur am Bildschirm verfolgen.

Die Bundesversammlung setzt sich zusammen aus den Bundestagsabgeordneten - in dieser Legislaturperiode sind es insgesamt 736 - sowie einer gleichgroßen Zahl an Vertreterinnen und Vertretern aus den Bundesländern, die von den Landesparlamenten entsprechend ihrer Zusammensetzung nominiert wurden. Darunter viele Prominente sowie Bürger, die sich zivilgesellschaftlich besonders engagiert haben - diesmal etwa Krankenpflegerinnen oder Fluthelfer. Weitere Mitglieder der 17. Bundesversammlung waren zum Beispiel Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Biontech-Gründerin Özlem Türeci, der Virologe Christian Drosten, Nationaltrainer Hansi Flick, Astronaut Alexander Gerst, Kabarettist Dieter Nuhr, die Schauspielerinnen Fritzi Haberlandt und Sibel Kekilli sowie Schwimm-Olympiasiegerin Britta Steffen.

Unter den Wahlleuten waren am Sonntag zudem 73 sogenannte Nachrücker. Dass etliche Delegierte ihre Teilnahme absagen mussten, hat auch mit der Corona-Pandemie zu tun. Um die Wahl des Bundespräsidenten nicht zum Hotspot werden zu lassen, mussten alle Delegierten ein negatives aktuelles Testergebnis vorweisen. Vor dem Reichstagsgebäude wurde eigens ein Testzentrum aufgebaut.

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