Bundesinnenminister Horst Seehofer:"Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen"

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Seine Partei wolle die Kanzlerin nicht stürzen, sagt CSU-Chef Horst Seehofer. (Foto: REUTERS)
  • Bundesinnenminister und CSU-Chef Seehofer sagt der Bild am Sonntag, niemand in seiner Partei wolle die Kanzlerin stürzen und die Koalition sprengen.
  • Die Welt am Sonntag zitiert ihn allerdings mit der Äußerung zu Merkel: "Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten."
  • Seine Forderung nach einer Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an den Grenzen erhält Seehofer ohnehin aufrecht.
  • EU-Kommissionspräsident Juncker warnt in der aktuellen Flüchtlingspolitik vor nationalen Alleingängen.

Mit ihrer kompromisslosen Haltung in der Frage der Abweisung von Flüchtlingen an der Grenze hat die CSU die Union in die schwerste Krise seit Jahrzehnten geführt. CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer legt es jedoch nach eigenen Worten nicht auf eine totale Eskalation mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an. "Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen, die CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft aufzulösen oder die Koalition zu sprengen" sagte er der Bild am Sonntag.

In einer internen Runde soll Seehofer sich allerdings äußerst abfällig über Merkel geäußert haben. "Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten", sagte er der Welt am Sonntag zufolge in einer Runde der CSU-Regierungsmitglieder mit dem Landesgruppenvorsitzenden Alexander Dobrindt am Donnerstagmorgen in Berlin. Den Satz soll er demnach auch nochmal wiederholt haben. In der Sache zeigte sich Seehofer ohnehin unnachgiebig. Die CSU wolle jedoch "endlich eine zukunftsfähige Lösung für die Zurückweisung von Flüchtlingen an unseren Grenzen", sagte er der Bild am Sonntag.

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Auch der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, bekräftigte die von der CDU-Spitze abgelehnte Forderung Seehofers, solche Migranten an der Grenze zurückzuweisen, die schon andernorts in der EU als Asylbewerber registriert sind. "Dabei können wir nicht nur weiter auf eine europäische Lösung warten, sondern müssen wieder bestehendes europäisches und deutsches Recht anwenden", sagte er dem Blatt. Die "Neuordnung des Asylsystems" macht Dobrindt demnach zur "Frage der Identität" der Unionsparteien.

Der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) hält ein Zerbrechen der Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag wegen des Streits um die Flüchtlingspolitik für ausgeschlossen. "Das trägt diese Frage nicht", sagte Beckstein dem Radiosender Bayern2. In einer Familie müsse man "immer mal wieder unterschiedliche Meinungen aushalten". CDU und CSU hätten allerdings "so viele Gemeinsamkeiten, sie gehören zusammen", sagte er. Inhaltlich stütze auch er die CSU-Position: Falls es in Europa nicht zu guten Lösungen käme, müsse man kurfristig dafür sorgen, "dass wir trotzdem unser Haus in Ordnung halten".

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer äußerte sich der Bild am Sonntag gegenüber zuversichtlich, dass es im Asylstreit mit der CSU einen Kompromiss geben werde. Sie sei überzeugt, dass sich die CSU funktionierenden Vereinbarungen nicht verschließen werde. "Unsere Hand zur CSU bleibt ausgestreckt." Beide Parteien hätten das gemeinsame Ziel, dass weniger Menschen über die Grenze nach Deutschland kämen, sagte sie. Ein nationaler Alleingang könne jedoch die deutsche Verhandlungsposition schwächen und möglicherweise Auswirkungen auf anderen Feldern haben, zum Beispiel beim Euro, warnte Kramp-Karrenbauer.

Juncker warnt vor nationalen Alleingängen

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte in der aktuellen Flüchtlingspolitik vor nationalen Alleingängen. "Wir müssen ein europaweit geltendes Asylrecht haben", sagte der EU-Politiker dem Radiosender B5 aktuell. Er forderte die Mitgliedsstaaten dazu auf, die Vorschläge zur Reform der Dubliner Übereinkunft umzusetzen, die die Kommission im Jahr 2016 ausgearbeitet habe: "An der Flüchtlingsfrage scheiden sich nicht nur die Geister, da müssen auch Richtungsentscheidungen getroffen werden."

Die Bundesregierung dementiert derweil einen Bericht, wonach Kanzlerin Angela Merkel einen EU-Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik plant. "Es ist kein EU-Sondergipfel geplant", sagte ein Regierungssprecher.

© SZ.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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