Bürokratieentlastungsgesetz:Adieu, Zettelwirtschaft

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Es sei "das größte Entbürokratisierungspaket" in der Geschichte der Bundesrepublik, sagt Marco Buschmann (FDP). (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Justizminister Buschmann möchte mit einem neuen Gesetz unnötige Bürokratie abschaffen. Etliche Wirtschaftsverbände halten das Vorhaben noch für unzureichend.

Von Constanze von Bullion

Der Bundesjustizminister spricht jetzt gern von Bauchspeck, der weg muss, auch vom bürokratischen Burn-out und verzichtbarem staatlichem Ballast. "Behörden, Betriebe, Bürger - sie alle ächzen unter immer mehr Gesetzen und Verordnungen", sagte Marco Buschmann (FDP) am Mittwoch in Berlin. Zuvor hatte das Kabinett einen Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes beschlossen, es ist das vierte Gesetzesvorhaben seiner Art.

Buschmann will unnötige Dokumentationspflichten und Vorschriften abschaffen und Planungsabläufe in Firmen beschleunigen. Bürgerinnen und Bürger sollen aber auch im "Kampf gegen die Zettelwirtschaft" unterstützt werden. Das Entlastungsvolumen für die Wirtschaft wird dabei auf gut 944 Millionen Euro pro Jahr geschätzt, insgesamt vier Milliarden Euro eingespart werden. "Das ist somit das größte Entbürokratisierungspaket, das es in der Geschichte der Bundesrepublik gab", sagte Buschmann.

Fristen werden gekürzt, Rechtsgeschäfte per E-Mail ermöglicht

Geplant ist beispielsweise, die Aufbewahrungsfristen für Rechnungskopien, Kontoauszüge, aber auch Lohn- und Gehaltslisten in Unternehmen, von zehn auf acht Jahre zu verkürzen. Entfallen soll auch die Pflicht für Firmen, Steuerberatern jede Vollmacht für die jeweiligen Sozialversicherungsträger einzeln ausstellen zu müssen. Eine Generalvollmacht soll in Zukunft genügen. Die Hotelanmeldung auf einem Meldezettel wird abgeschafft, wenn auch nur für Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Künftig sollen etliche Rechtsgeschäfte per E-Mail abgeschlossen werden können, bei denen bisher eine Unterschrift auf Papier gefragt war. Airlines soll es gestattet werden, Reisedokumente auch digital auszulesen.

Etliche Wirtschaftsverbände halten das Vorhaben noch für unzureichend. Die Vorsitzende des Startup-Verbands, Verena Pausder, nannte das Gesetz einen guten, aber nur ersten Schritt. "Ich glaube, wir müssen sozusagen mal kollektiv ausmisten", sagte sie im Deutschlandfunk. "Wir tun uns einfach wahnsinnig schwer, in Deutschland Dinge wieder abzuschaffen, die wir einmal eingeführt haben, auch wenn sie keinen Sinn mehr machen." Ein "bisschen Frühjahrsputz" reiche nicht, sagte auch Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander. Buschmanns Gesetz bleibe deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Kritik kam auch vom Deutschen Richterbund, Buschmann baue Bürokratie auf statt ab. "Das von Marco Buschmann forcierte Cannabisgesetz entpuppt sich als Bürokratiemonster, den Strafprozess will der Justizminister mit überflüssigen Aufzeichnungs- und Protokollpflichten noch schwerfälliger machen, gegen Schwarzfahrten in Bussen und Bahnen soll nach Buschmanns Plänen künftig eine neue Bußgeld-Bürokratie mit Knöllchen einschreiten", sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn.

Entwurf auch gegen Geschäfte mit Schrottimmobilien

Beschlossen wurde im Kabinett am Mittwoch auch ein Entwurf, der missbräuchliche Geschäfte mit Schrottimmobilien zulasten von Mietern und Kommunen gesetzlich verhindern soll. Er sieht vor, dass Kommunen für zwangsversteigerte Gebäude künftig eine gerichtliche Verwaltung beantragen können, bis die Immobilie auch tatsächlich bezahlt ist. Auch in seiner Heimat, dem Ruhrgebiet, komme es immer wieder vor, dass Briefkastenfirmen Schrottimmobilien ersteigerten, "teilweise zu Mondpreisen", sagte Buschmann. Die Immobilien würden dann aber nicht bezahlt, sondern verfielen und würden später erneut versteigert, ohne dass der Kaufpreis je beglichen worden sei. Teilweise würden Menschen in solchen Häusern "unter erbärmlichsten Zuständen" untergebracht und finanziell ausgepresst, gerade auch solche aus Südosteuropa. Diese Praxis müssen unterbunden werden, auch weil die Problemimmobilien für Ärger in Wohnbezirken sorgten. Ein wirksames Gegenmittel gebe es bisher nicht.

Vorgelegt wurde von Buschmann auch ein Entwurf, der die Beschäftigung von Informanten und sogenannten V-Leuten regeln soll, die bei Ermittlungen gegen Tatverdächtige und Straftäter eingesetzt werden. Es gehe hier auch um die Beobachtung von Privatpersonen und deren Grundrechte, so Buschmann. "Für Einsätze von V-Personen wird ein Richtervorbehalt eingeführt, und die Einsätze werden einer regelmäßigen richterlichen Kontrolle unterstellt", heißt es im Entwurf. Er sieht eine Höchstdauer von zehn Jahren für den Einsatz einer V-Person vor und mehr Kontrolle.

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