CDU-Vorsitz:Eine Frau gegen "drei Herren aus den alten Bundesländern"

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Darf nicht ins Rennen um den CDU-Vorsitz einsteigen: die Kommunalpolitikerin Sabine Buder. (Foto: Marco Riedel/dpa)

Sabine Buder, CDU-Kommunalpolitikerin im Kreis Märkisch-Oderland, wollte in das Rennen um die Parteispitze einsteigen. Doch der Vorstoß, den niemand erwartet hatte, scheiterte auf ebenso ungewöhnliche Weise.

Von Boris Herrmann, Berlin

Neulich bei einer Küchenparty in Berlin-Kreuzberg, wo es vermutlich immer noch mehr CD-Läden als CDU-Wähler gibt: Ein junger Vater schwärmt von den Vorzügen eines Wochenendhäuschens in Brandenburg, das Übliche. Hellhörig wird die Gesellschaft, als der Redner von einer "total spannenden" Christdemokratin im märkischen Oderland berichtet. Wenn die Partei mehr Leute wie diese Sabine Buder hätte, sagt er, dann könne man sich ernsthaft überlegen, irgendwann Schwarz zu wählen.

Eine brandenburgische CDU-Kommunalpolitikerin, die zum Party-Talk in Kreuzberg wird, kann per se keine ganz gewöhnliche Politikerin sein. Nun hat Sabine Buder aber eindrucksvoll demonstriert, weshalb ihr ein Ruf der erfrischenden Andersartigkeit vorauseilt. Am Dienstag versuchte sie zur allgemeinen Überraschung, in den Wettbewerb um den CDU-Vorsitz einzusteigen - damit wenigstens eine Frau gegen die Männerriege aus Norbert Röttgen, Helge Braun und Friedrich Merz antritt.

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Buders Versuch scheiterte aber auf ebenso ungewöhnliche Weise. Ihr eigener Kreisverband Märkisch-Oderland versagte ihr die Unterstützung, die sie für eine gültige Kandidatur gebraucht hätte. In einer eilig einberufenen Kreisvorstandssitzung am Dienstagabend wurde ihre Bitte um Nominierung mit sieben zu vier Stimmen abgelehnt. Immerhin dürfte sich damit der Bekanntheitsgrad Buders nicht nur in Kreuzberg schlagartig erhöht haben.

"Unprofessionelle Harakiri-Aktion"

Sabine Buder sagt: "Natürlich kann man jetzt behaupten, das war eine unprofessionelle Harakiri-Aktion." Aber sie findet es trotzdem richtig, es versucht zu haben. "Ich würde es wieder tun", sagt sie, ohne dabei trotzig zu klingen.

Buder ist 37 Jahre alt, Mutter von vier Kindern und betreibt eine Tierarztpraxis in Biesenthal. Sie ist erst seit 2018 in der CDU, sicherte sich aber für die Bundestagswahl 2021 gleich die Direktkandidatur in ihrem Wahlkreis, um dann knapp am Einzug ins Parlament zu scheitern. Manche im Kreisverband beschreiben sie auch als vorlaut und selbstverliebt. Wie sie auf die Idee kam, sich um den Parteivorsitz zu bemühen? "Ganz spontan", sagt Buder.

Mit ihr hat auch deshalb niemand gerechnet, weil sie noch vor wenigen Tagen auf Facebook geschrieben hatte: "Aus meiner Sicht kann es für den Job nur einen geben." Dazu stellte sie ein Foto von Friedrich Merz sowie den Hashtag #BereitFürMerz.

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Friedrich Merz scheint aus seinen beiden gescheiterten Kandidaturen gelernt zu haben. Er spricht nun anders. Zum Teil jedenfalls.

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Sie stehe weiterhin zu dem Post, sagt Buder nun: "Ich finde Merz cool." Aber das ist für sie nicht der Punkt. Angesichts eines Bewerberfeldes von "drei Herren aus den alten Bundesländern" fand die Frau aus den etwas neueren Ländern schlichtweg: "Da muss doch noch mehr gehen in einer Partei mit 400 000 Mitgliedern."

"Mehrere anstehende Tier-OPs"

Es nervt sie schon lange, dass es immer wieder heißt, es gebe in der CDU nach Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer keine Frauen mehr, die sich Chefposten zutrauten. Als Buder dann am Montagabend in ihrer Praxis aufräumte, sei ihr der Spruch eines Fernsehkomikers eingefallen, den sie unlängst gehört hatte: "In der CDU", so erzählt sie das nach, "sind gerade drei Männer noch auf der Suche nach einem weiblichen Beistellpony."

Als Tierexpertin weiß sie natürlich, was es damit auf sich hat: Die einzige Aufgabe des Beistellponys bestehe darin, das Hauptpferd bei Laune zu halten, sagt sie. Zu ihrem Schrecken stellte Buder fest: "Das beschreibt die gegenwärtige Lage der CDU eigentlich ganz gut."

Daraufhin sei sie rüber zu ihrem Mann gegangen und habe gesagt, weißt du was, vielleicht muss ich mich selbst bewerben. Da sagt der doch tatsächlich: "Ja, vielleicht musst du das."

Nach der Abstimmungsniederlage keine 24 Stunden später im Kreisvorstand haben ihr Parteifreunde gesagt: "So was musst du besser vorbereiten und vorher Netzwerke knüpfen." Aber genau das wollte Buder nicht. Sie sagt, es gehöre nicht zu ihrer Vorstellung von innerparteilicher Demokratie, nur dann anzutreten, wenn man weiß, dass man gewinne. Und jetzt? Freut sich Sabine Buder auf "mehrere anstehende Tier-OPs, und dann geht das Leben weiter."

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