Brexit:Boris Johnson: "Wir schaffen das"

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Es sei "unser Schicksal", über die "kleine Angelegenheit des Brexit" zu reden, sagte Johnson beim Treffen mit Merkel. (Foto: Getty Images)
  • Der britische Premier Johnson betont in Berlin, einen verhandelten EU-Austritt zu bevorzugen.
  • Eine Streichung des Backstop macht er aber faktisch zur Voraussetzung für weitere Verhandlungen. Merkel sieht das anders.
  • Beim Treffen mit Kanzlerin Merkel zeigt sich Johnson auffallend bemüht, die besondere Freundschaft mit Deutschland herauszustellen.

Von Nico Fried, Berlin

Der neue britische Premierminister Boris Johnson hat sich zuversichtlich gezeigt, mit der Europäischen Union doch noch zu einem Einvernehmen über den Brexit zu kommen. "Wir wollen einen verhandelten Austritt", sagte Johnson am Mittwochabend bei seinem Antrittsbesuch in Berlin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. In Anspielung auf Merkels Motto aus der Flüchtlingskrise 2015 fügte Johnson auf Deutsch hinzu: "Wir schaffen das."

Auch Merkel äußerte die Bereitschaft zu weiteren Gesprächen. Beim entscheidenden Streitpunkt, der Frage der Gestaltung der Grenze zwischen Irland und Nordirland, sei man bislang davon ausgegangen, dass eine Lösung bis zu zwei Jahre dauern werde. "Aber man kann sie vielleicht ja auch in den nächsten 30 Tagen finden. Warum nicht? Dann sind wir ein ganzes Stück weiter", sagte Merkel. In diesem Fall läge eine Einigung vor dem geplanten Austrittsdatum am 31. Oktober.

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Johnson war vor dem Gespräch auffallend bemüht, die besondere Freundschaft mit Deutschland herauszustellen. Es sei klar gewesen, dass sein erster Besuch zu Kanzlerin Merkel führen werde. Er dankte ihr für einen herzlichen Empfang: "So etwas Großartiges habe ich, glaube ich, überhaupt noch nicht erlebt in meinem Leben." Es sei aber "unser Schicksal", nun über die "kleine Angelegenheit des Brexit" zu reden. Merkel betonte, dass man nach einem Austritt Großbritanniens aus der EU enge Beziehungen wolle und sich etwa um ein Freihandelsabkommen bemühen werde.

Merkel Backstop "als Platzhalter" bis zur Einigung

In der Sache deutete sich jedoch beim entscheidenden Streitpunkt zwischen Großbritannien und den anderen 27 EU-Staaten keine Annäherung an. Johnson sagte, der sogenannte Backstop habe "große Mängel". Er machte seine Streichung faktisch zu einer Voraussetzung für weitere Verhandlungen. "Der Backstop muss beseitigt werden, und dann muss man an alternativen Lösungen arbeiten." Merkel gab genau die umgekehrte Reihenfolge vor: Sie verwies darauf, dass der Backstop eine Konstruktion sei, "dass man sagt, was passiert, wenn es keine Einigung" gebe. Der Backstop sei dann "als Platzhalter" nicht mehr notwendig, wenn eine Regelung für Irland und Nordirland gefunden ist.

Merkel betonte, dass die Verhandlungen für die EU von der Kommission auf der Basis einer einheitlichen Position der Mitgliedstaaten geführt würden. "Auf der anderen Seite sollte uns Großbritannien auch sagen, welche Vorstellungen es hat", sagte Merkel. Sie reagierte damit auf eine Frage, welchen konkreten Vorschlag sie für die Lösung des Problems habe. Es sei aber "ehrlich gesagt nicht die Kernaufgabe einer deutschen Bundeskanzlerin, die Verhältnisse zwischen der Republik Irland und Nordirland so gut zu kennen."

Johnson kündigte konkrete Vorschläge für die nächsten Tage an. Er bekräftigte, dass seine Regierung auf technische Kontrollen an der Grenze setze, die den Warenverkehr nicht aufhielten. Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist, die Kontrollen an der Grenze zwischen Irland und Nordirland überflüssig macht.

© SZ vom 22.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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