Theresa May hat als Premierministerin das Privileg, dass ihre Person in den nächsten, turbulenten Tagen im Mittelpunkt stehen wird. Im Zweifel bezahlt sie mit ihrem Job. Jeremy Corbyn, dem Anführer der loyalen Opposition Ihrer Majestät, wird diese Aufmerksamkeit nicht zuteil - was bedauerlich ist. Neben der unerträglichen Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit der Tories ist es nämlich die Labour Party, die sowohl den Zerfall der politischen Kultur als auch die Prinzipienlosigkeit verkörpert.
Corbyn hat das Kunststück vollbracht, dass er zweieinhalb Jahre nach dem Brexit-Votum keine belastbare Aussage über das Ziel seiner Partei vorlegen kann. Labour will einen Brexit, aber keinen unkontrollierten. Eine Mehrheit der Mitglieder würde allerdings auch gerne in der EU bleiben, nicht aber der Vorsitzende. Die Partei will möglicherweise ein neues Referendum, aber auch nur unter bestimmten Bedingungen. Kommt auf die Frage an.
Sicher ist nur: Corbyn will an die Macht, und deswegen will er eine Vertrauensabstimmung und dann Wahlen gewinnen. Brexit? Wird irgendwie gelöst. Schon richtig: Eine Opposition muss nicht die Arbeit der Regierung erledigen. Im Fall Großbritanniens, inmitten einer veritablen Staatskrise, erwartet man von ihr aber mehr als Machthunger und taktischen Eiertanz.