Großbritannien:Selbst für Boris Johnson eine Affäre zu viel

Boris Johnson: Seinen ersten Tory-Parteitag als Premierminister dürfte er sich anders vorgestellt haben. (Foto: Getty Images)

Der britische Premier hat schon so manche Affäre überlebt. Doch nun kommen Vorgänge ans Licht, die Johnson politisch mehr schaden könnten als alles zuvor.

Kommentar von Cathrin Kahlweit, London

Viele Politiker klagen - zu Recht - darüber, dass ihr Privatleben von Journalisten an die Öffentlichkeit gezerrt wird, obwohl es keinen Einfluss auf ihr politisches Handeln hat. Boris Johnson dagegen hat Privates und Politisches zeitlebens selbst vermischt und Berichte über Ehekrisen, Geliebte und nichteheliche Kinder im besten Falle ignoriert. Unter anderem verlor der jetzige Premier mal einen Job als Journalist, weil er seinen Herausgeber über eine Affäre belogen hatte. Bisher hat ihm das nicht wirklich geschadet.

Nun aber, mitten im Grabenkrieg um den Brexit, in dem allen Seiten zunehmend alle Mittel recht zu sein scheinen, kommt eine Affäre ans Licht, die dem Premier politisch mehr schaden könnte als die Niederlagen vor dem Obersten Gericht und im Parlament und sein schlechtes Verhältnis zur Queen. Die Indizien mehren sich, dass Johnson als Bürgermeister von London einer Geliebten zu öffentlichen Geldern verholfen und einen massiven Interessenkonflikt verschwiegen hat. Das ist strafbar, und das kann der Beschuldigte nicht mehr ignorieren - auch wenn er die Vorwürfe als politisch motiviert abtut.

Gut möglich, dass das Timing des Scoops auf den Brexit-Premier zielt. Aber mögliche Straftaten hätte der Mayor of London trotzdem begangen. Am Ende ist es vielleicht diese Affäre, die Johnson stoppt.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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