Eine Woche nach den Schüssen auf die Alte Synagoge in Essen gibt es weitere Hinweise auf versuchte antisemtische Anschläge im Ruhrgebiet - und Mutmaßungen über eine eventuelle Verstrickung iranischer Staatsbehörden. Die Zentralstelle Terrorismusverfolgung (ZenTer) bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigte am Freitag Ermittlungen gegen einen 35-jährigen Deutsch-Iraner: Der Mann sitzt in Untersuchungshaft, weil er versucht haben soll, einen Landsmann zu einem Brandanschlag auf die Synagoge in Dortmund anzustacheln. Zudem gibt es Indizien, dass der Verhaftete einen Molotow-Cocktail auf eine Schule in Bochum geworfen haben könnte, die direkt an die dortige Synagoge grenzt.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte ebenfalls am Freitag im NRW-Landtag, die Dortmunder Polizei habe einen mutmaßlichen Täter "aus dem Verkehr gezogen." Noch könne er nicht sagen, "ob dahinter eine Gruppe steht," fügte Reul hinzu: "Das weiß kein Mensch im Moment."
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit informierte Reul jedoch nach SZ-Informationen die Mitglieder des Innenausschusses ergänzend, die deutschen Sicherheitsbehörden würden derzeit eine "staatliche Einflussnahme" aus dem Ausland nicht aussschließen. So soll der Verhaftete beim Versuch, für den geplanten Anschlag in Dortmund einen Mittäter anzuwerben, unter anderem gesagt haben, er könne eine Flucht und eine "erleichterte Einreise nach Iran" organisieren. In Düsseldorf weckt dies Befürchtungen, der Mann könne Verbindungen zum iranischen Geheimdienst haben. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf verweigerte dazu jeden Kommentar.
Zusammenhang mit anderen Taten?
Aufgeflogen sind die Pläne für den Brandanschlag auf die Dortmunder Synagoge, weil der mutmaßliche Anstifter den Falschen ansprach: Der Angesprochene lehnte ab - und offenbarte sich der Polizei. Aufgrund der Zeugenaussage durchsuchte die Polizei in der Nacht zum 18. November die Wohnung des Beschuldigten und nahm ihn fest. Am 19. November erließ das Amtsgericht Dortmund Haftbefehl. Im Falle einer Verurteilung könnten dem Beschuldigten wegen versuchter Anstiftung zu einer schweren Brandstiftung bis zu elf Jahre Haft drohen.
Unklar ist momentan, ob der Verhaftete aus Dortmund etwas mit der antisemitischen Tat von voriger Woche in der Innenstadt von Essen zu tun hat. Dort hatte ein Unbekannter am späten Abend des 17. November vier Schüsse auf die Tür der Rabbinerwohnung neben der Alten Synagoge abgefeuert. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft erklärte am Freitag nur, dieser Fall werde in einem getrennten Ermittlungsverfahren weiterhin geprüft. Verletzt wurde in Essen niemand. Die Aufnahmen einer Videokamera aus jener Nacht ergaben bisher "keine ausreichenden Verdachtsmomente", um gegen eine bestimmte Person zu ermitteln.
Innenministert Reul sagte am Freitag, die jetzigen Erkenntnisse rückten die Tat in Essen "in ein neues Licht". Womöglich gebe es zwischen verschiedenen Taten in jener Nacht vom 17. auf den 18. November "einen Zusammenhang."
So haben die Staatsanwälte in Düseldorf inzwischen "zureichende tatasächliche Anhaltspunkte" dafür, dass der 35-jährige Beschuldigte am 17. November - also am Abend des Essener Anschlags - in der Nachbarstadt Bochum war. Die Ermittler gehen dem Anfangsverdacht nach, dass der Mann einen Brandsatz auf die Hildegardis-Schule geschleudert haben könnte. Dabei waren Schäden an einem Fensterrahmen und an der Styropor-Dämmung des Gymnasiums in der Bochumer Innenstadt entstanden. Die Hildegardis-Schule steht unmittelbar neben dem rückwärtigen Teil der Bochumer Synagoge.