SPD-Mitgliederbefragung:Giffey "sehr, sehr froh" über Votum für große Koalition

Lesezeit: 2 min

Franziska Giffey und Raed Saleh hatten sich vehement für eine große Koalition stark gemacht. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Trotz der knappen Mehrheit für ein Bündnis mit der Berliner CDU spricht die Regierende Bürgermeisterin von einem "klaren Ergebnis".

Von Jan Heidtmann und Robert Roßmann, Berlin

Für den CDU-Politiker Kai Wegner ist der Weg an die Spitze der Bundeshauptstadt frei. Die Berliner SPD-Vorsitzende Franziska Giffey teilte am Sonntag mit, dass bei einer Mitgliederbefragung die Mehrheit ihrer Genossinnen und Genossen den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD gebilligt habe. An der Abstimmung hätten 11.886 der 18.555 SPD-Mitglieder teilgenommen. 11.379 Stimmen seien gültig gewesen. Davon seien 54,3 Prozent Ja-Stimmen.

An diesem Montag muss noch ein CDU-Parteitag den Koalitionsvertrag billigen, dort gilt eine Mehrheit aber als sicher. Dann kann sich Wegner im Abgeordnetenhaus der Wahl zum Regierenden Bürgermeister stellen. CDU und SPD verfügen dort über 86 der insgesamt 159 Sitze. Die Abstimmung soll am 27. April stattfinden.

Der erste CDU-Bürgermeister seit Diepgen

Wegner wäre der erste Regierende Bürgermeister aus den Reihen der CDU seit Eberhard Diepgen. Diepgen stand bis 2001 an der Spitze der Hauptstadt. Derzeit ist Giffey Regierende Bürgermeisterin. Sie hatte nach den großen Verlusten der SPD bei der Wiederholungswahl des Abgeordnetenhauses ihrer Partei vorgeschlagen, Juniorpartner in einer großen Koalition zu werden. Giffey will als Senatorin Teil der Regierung bleiben. Die CDU hatte bei der Wiederholungswahl mehr als zehn Prozentpunkte hinzugewonnen und rangiert jetzt bei 28,2 Prozent. Die SPD kommt nur noch auf 18,4 Prozent.

Gegen die Empfehlung für eine große Koalition hatte es in der SPD erheblichen Widerstand gegeben - auch deshalb, weil die bisherige rot-grün-rote Koalition trotz großer Verluste im Abgeordnetenhaus weiter eine rechnerische Mehrheit hat. Sie ist sogar größer als die einer großen Koalition. Außerdem gibt es in Teilen der Berliner SPD enorme Vorbehalte gegen Wegner und seine CDU. Den Christdemokraten wird zum Beispiel ihr Verhalten nach den Silvesterkrawallen vorgeworfen - sie hatten damals nach den Vornamen der mutmaßlichen Täter gefragt.

Mehrere SPD-Kreisverbände - unter ihnen der von Giffey - hatten sich deshalb gegen eine große Koalition ausgesprochen. Die Jungsozialisten kritisierten den Koalitionsvertrag als "ein schwarzes Korsett mit roten Schleifen" und forderten eine Fortsetzung des bisherigen Bündnisses mit Grünen und Linken. Dafür hatten sich in den vergangenen Tagen auch führende Politiker von Grünen und Linken ausgesprochen. Eine weitere Koalitionsoption wäre aber auch Schwarz-Grün gewesen.

Zweimal täglich die wichtigsten Nachrichten
:SZ am Morgen & Abend - Newsletter hier abonnieren

Morgens und abends an den Wochentagen die wichtigsten Nachrichten des Tages. Und am Samstagmorgen ausgewählte Geschichten und Kolumnen aus der Wochenend-Ausgabe. Hier können Sie unseren Newsletter abonnieren:

Ein Nein der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag hätte in dem Landesverband vermutlich zu erheblichen personellen Konsequenzen geführt. Giffey und SPD-Fraktionschef Raed Saleh - er ist zusammen mit Giffey auch SPD-Landesvorsitzender - hatten sich vor dem Mitgliedervotum vehement für eine große Koalition stark gemacht. Ein Ablehnung des Koalitionsvertrags wäre deshalb praktisch auch eine Misstrauenserklärung gegenüber Giffey und Saleh gewesen.

Die beiden bemühten sich am Sonntag, das Mitgliedervotum positiv zu deuten. Giffey sagte, es sei "ein klares Ergebnis", sie sei "sehr, sehr froh" und setze jetzt auf den Rückenwind, den man dadurch bekomme. Saleh sagte, man habe in der Partei eine gute und insgesamt sehr faire Debatte geführt. Das mache seine SPD aus, "dass sie hart ringen kann". Mit den Jungsozialisten sei man jetzt "in einem engen Austausch". Auf die Frage, ob Wegner Sorge haben müsse, bei der Wahl des Regierenden Bürgermeister zu wenig Stimmen aus der SPD zu bekommen, sagte Saleh: "Die SPD trifft eine Entscheidung und sie steht dann auch zu dieser Entscheidung."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungBerlin
:Wer die Probleme löst? Egal

Eine knappe Mehrheit der SPD-Mitglieder stimmt für ein Bündnis mit der CDU. Doch ganz gleich, wer mit wem koaliert: Die neue Regierung wird genau das fortführen müssen, was die letzte begonnen hat.

Kommentar von Jan Heidtmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: