Bauernproteste:Korso, Sternfahrt, Blockade

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Landwirte blockieren am Montagmorgen die Zufahrt zur Autobahn A8 in Neuhausen, Baden Württemberg. Der Bauernverband hat für diese Woche eine Aktionswoche ausgerufen. (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

Am Montag startet die Aktionswoche der Landwirte. Sie wollen mit bundesweiten Aktionen gegen Subventionskürzungen protestieren. Schwerpunkt sollen Autobahnen werden. Wo drohen welche Einschränkungen?

Die Bauern sprechen von einer Aktionswoche, das klingt noch einigermaßen harmlos, doch andere sehen schon ganz Deutschland lahmgelegt, weil Landwirte mit ihren Traktoren die Ampelregierung unter Druck setzen wollen. Der Protest der Landwirte hatte sich an Sparplänen der Koalition entzündet. Die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für die Landwirtschaft soll nun allerdings weiter gelten. Die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll nicht auf einmal wegfallen, sondern schrittweise auslaufen. Dem Bauernverband reicht die teilweise Rücknahme der Pläne nicht. Darum die Aktionswoche.

Besondere Brisanz gewinnt der Protest durch die aggressiven Attacken einiger Landwirte auf Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor einigen Tagen. Bauernpräsident Joachim Rukwied jedenfalls hat versprochen: "Wir wollen in der kommenden Woche friedlich und geordnet demonstrieren." Höhepunkt soll am kommenden Montag (15. Januar) eine Großdemo in Berlin sein, doch bereits an diesem Montag müssen viele Pendler und Autofahrer mit erheblichen Verkehrsbehinderungen rechnen. Besonders an Autobahnauffahrten und in Stadtzentren könnte es zu Staus kommen. Auch wichtige Kreuzungen dürften zeitweise blockiert werden. Was ist genau geplant? Ein Überblick:

Berlin/Brandenburg

Besonders starke Verkehrsbehinderungen sind rund um Berlin zu erwarten. "Wir bitten um Verständnis, dass wir da und dort den Arbeitsweg blockieren werden. Aber als Berufsstand stehen wir in der Verantwortung für die Ernährung unserer Bürgerinnen und Bürger und für unsere eigene Zukunft", schrieb der brandenburgische Bauernpräsident Henrik Wendorff auf X. Mit Traktoren wollen Landwirte in Brandenburg an 25 Stellen Auffahrten zu Autobahnen und Bundesstraßen blockieren.

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Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erlaubte in einer Eilentscheidung vom Samstag nach einem Bericht der Bild diese Aktion, die die Polizei gern verhindert hätte. Rettungsfahrzeuge und Polizei müssen aber stets durchgelassen werden. Autobahnausfahrten dürfen nicht blockiert werden. Auch zentrale Verkehrsachsen wie die A 24 von Berlin nach Hamburg sind betroffen. Laut Polizei ist an weit mehr als 100 Orten mit Verkehrsbehinderungen zu rechnen. Protestaktionen sind dem Landesbauernverband zufolge auch an Supermärkten und Tankstellen sowie vor der Staatskanzlei in Potsdam vorgesehen. Dorthin solle eine Sternfahrt führen. In Berlin ist die Straße zwischen dem Großen Stern und dem Brandenburger Tor von Sonntagabend an für den Verkehr gesperrt. Hier wollen am Montag etwa 300 Landwirte protestieren. Am Mittwoch ist ein Traktorkorso durch Cottbus geplant.

Niedersachsen/Bremen

Niedersächsische Landwirte wollen am Montag zu einer Sternfahrt nach Bremen aufbrechen. Erwartet werden bis zu 2000 Bauern mit ihren Traktoren allein in der Stadt. Man wisse, dass die Aktion den Menschen in Bremen und der Region viel Geduld abverlangen werde, erklärte der Bauernverband. Auch in Braunschweig und Göttingen sind größere Kundgebungen geplant.

Schleswig-Holstein/Hamburg

Der Bauernverband setzt an den drei Tagen Montag, Mittwoch und Freitag auf regional unterschiedliche Aktionen. Am Montag werden nach Angaben der Polizei Bauern mit mehr als 2000 Traktoren in Hamburg erwartet. Es müsse mit erheblichen Verkehrsbehinderungen im gesamten Stadtgebiet gerechnet werden. Auch beim Busverkehr könne es nach Angaben der Hochbahn zu erheblichen Einschränkungen kommen.

Im bayerischen Deggendorf haben Landwirte schon am Freitag protestiert. (Foto: Th. Krenn, P. Seidl/dpa)

In Schleswig-Holstein sind nach Angaben des Bauernverbands am Montag Kolonnenfahrten in den Kreisen Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg geplant. Außerdem laufe im Kreis Nordfriesland eine Aktion "Schlepper vor die Tür", bei der Fahrzeuge in Feldeinfahrten geparkt werden. Am Mittwoch sind Kolonnenfahrten in den Kreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg, Herzogtum Lauenburg, Stormarn und Ostholstein sowie Lübeck vorgesehen.

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Am Freitag werden Kolonnenfahrten in den Kreisen Plön und Rendsburg-Eckernförde nach und durch Kiel erwartet. Blockaden seien nirgendwo geplant, beteuerte der Bauernverband. Am Montag wollen allerdings Mitglieder des Vereins "Land schafft Verbindung" (LSV) vorübergehend Traktoren auf den Zu- und Abfahrten der Autobahn 7 (Hamburg-Flensburg) abstellen.

Mecklenburg-Vorpommern

Nach Informationen des Landesbauernverbands wird es Protestaktionen an mehr als 50 Autobahnzufahrten geben - allerdings gleichzeitig nur an jeder zweiten für zwei Stunden mit anschließendem Wechsel, sodass der Verkehr an den jeweils freien Anschlussstellen fließen kann. In mehreren Städten hat die Initiative Unternehmeraufstand MV Autokorsos angemeldet, etwa in Neubrandenburg, Rostock, Güstrow, Wismar oder Schwerin.

Nordrhein-Westfalen

In NRW wollen die Bauern am Montag landesweit an Kreuzungen und Auffahrten den Verkehr lahmlegen. Größere Versammlungen soll es in Köln, Bonn, östlich von Dortmund und Münster geben. Hier werden mehrere Hundert Zugmaschinen erwartet. Die zuständigen Polizeidienststellen warnen nach einer großen Anzahl von angemeldeten Traktorprotesten landesweit vor Verkehrsproblemen. Etwas aus dem Rahmen fällt die Aktion "Landwirtschaft trifft Politik" mit einem Besuch bei den Bundestagsabgeordneten der Region am Freitag, organisiert vom Rheinischen Landwirtschafts-Verband und Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband.

Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen

Der Thüringer Bauernverband rechnet für Montag mit 900 Traktoren, die sich aus allen Ecken des Landes auf den Weg nach Erfurt machen werden. In Sachsen-Anhalt ist eine Sternfahrt nach Magdeburg und nach Halle/Saale vorgesehen. In Sachsen ist der Höhepunkt für Dienstag geplant - eine Großdemonstration auf dem Theaterplatz in Dresden. Am Montag sind Aktionen wie Autokorsos, eine Demonstration an der Elbbrücke in Torgau und auch Proteste an Autobahnauffahrten geplant.

Rheinland-Pfalz/Saarland

Rheinland-Pfalz könnte einer der Schwerpunkte der Proteste werden. Der Bauern- und Winzerverband will am Montag im ganzen Bundesland Demonstrationen und Kundgebungen abhalten. Der Verband rechnet mit mehr als zehntausend Teilnehmern. Es sei damit zu rechnen, dass im Großraum des Polizeipräsidiums Mainz mindestens 40 und damit so gut wie alle Autobahnauffahrten schon ab sechs Uhr blockiert würden, hieß es von der Polizei. Später sei mit Kundgebungen in Mainz, Worms und Koblenz zu rechnen. Im Saarland führt die Sternfahrt am Montag in die Landeshauptstadt.

Hessen

In Hessen beginnt die Aktionswoche am Montag mit einer Sternfahrt in Wiesbaden, auf der mehrere Hundert Traktoren erwartet werden. Am Mittwoch folgt eine Sternfahrt nach Frankfurt mit Kundgebung auf dem Opernplatz. Ebenso ist laut Homepage des Deutschen Bauernverbands eine Sternfahrt nach Kassel zum Regierungspräsidium vorgesehen.

Baden-Württemberg

Gleich Dutzende Schlepperfahrten sind am Montag in ganz Baden-Württemberg geplant, die Aktionen finden landesweit statt. Darunter auch etwa "Schlepperfahrten flächendeckend im Alb-Donau-Kreis für 48 Stunden". Eine Großdemo führt unter anderem nach Ravensburg mit 1000 erwarteten Teilnehmern. Dazu soll es Kundgebungen und diverse Mahnfeuer geben. Auch an der Autobahn 8 (München-Stuttgart-Karlsruhe) sind am Montag an einigen wenigen Auffahrten Protestaktionen vorgesehen.

Bayern

Auch in Bayern sind Dutzende Aktionen angemeldet. Für die Aktionswoche befürchten einige Kommunen große Auswirkungen, etwa durch Blockaden von Autobahnauffahrten. An den Protesten wollen sich auch andere Branchen beteiligen. Zentrale Veranstaltung ist am Montag eine Kundgebung auf dem Münchner Odeonsplatz. Am Mittwoch ist die zentrale Veranstaltung in Augsburg geplant, am Freitag ist dann Nürnberg an der Reihe.

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Am Ende steuert alles auf die Großdemo am Montag, 15. Januar, ab 11.30 Uhr in Berlin zu. Auf der Homepage des Bayerischen Bauernverbands heißt es: "Wenn die Bundesregierung ihre Pläne dann immer noch nicht zurücknimmt, müssen wir zum letzten Mittel greifen und mit gezielten Maßnahmen das Land lahmlegen."

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