Internationaler Strafgerichtshof:Baerbock: "Niemand darf einen Angriffskrieg führen und straflos bleiben"

Lesezeit: 2 min

Fordert Verbesserungen im Völkerrecht: Außenministerin Annalena Baerbock. (Foto: Florian Gärtner/Imago/Photothek)

Putin soll für sein "Urverbrechen" zur Rechenschaft gezogen werden, sagt die Außenministerin bei einem Festakt zum 25-jährigen Bestehen des Internationalen Strafgerichtshofes in New York. Dessen Möglichkeiten, gegen den russischen Präsidenten vorzugehen, sind jedoch gering.

Außenministerin Annalena Baerbock hat den von Wladimir Putin begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine als "Urverbrechen" bezeichnet und verlangt, alles zu tun, um den russischen Präsidenten zur Rechenschaft zu ziehen. Baerbock sprach auf einem Festakt zum 25. Jahrestag der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in New York.

Es sei "wichtig, dass wir klar benennen, dass wir eine Lücke im internationalen Recht haben", sagte Baerbock. Jene Staats- und Regierungschefs, die Angriffskriege führten, könnten nicht ohne Ausnahme angeklagt werden. Der Festakt sei "auch ein Auftrag, das Völkerstrafrecht weiterzuentwickeln. Denn niemand darf im 21. Jahrhundert einen Angriffskrieg führen und dabei straflos bleiben", so die Grünen-Politikerin.

Zwar fehle es aktuell an einer Mehrheit zur Änderungen der rechtlichen Grundlage des Internationalen Strafgerichtshofes. Es sei jedoch falsch, eine Reform gar nicht erst anzugehen. "Wenn wir nicht darauf reagieren, ist die Antwort der internationalen Gemeinschaft auf die Aggression Russlands Straflosigkeit." Dann werde die Welt "ein Ort sein, an dem alle Staaten in Angst vor einem größeren Nachbarn leben werden", so Baerbock.

Baerbock unterstützt Sondertribunal

Ausführlich ging die deutsche Außenministerin auf die Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg ein. "Mein Land, Deutschland, hat unmenschliche Angriffskriege geführt und den grausamsten Völkermord begangen, bei dem Millionen Menschen getötet wurden", sagte sie. Daher habe die Bundesregierung eine "besondere Verantwortung, unseren Teil dazu beizutragen, dass solche Verbrechen nie wieder passieren."

Der Internationale Strafgerichtshof hatte im März Haftbefehl gegen Putin und die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine erlassen. Sie seien verantwortlich für die gezielte Verschleppung ukrainischer Kinder und Minderjähriger aus besetzten Gebieten nach Russland.

Der Haftbefehl des IStGH gegen Putin sei ein wichtiges Zeichen gewesen, sagte Baerbock. Er "unterstreicht, dass dieser brutale Angriffskrieg vor allen Dingen gegen die Schwächsten geführt wird und dass die internationale Gemeinschaft insbesondere den Schwächsten, den Kindern zuallererst, Gehör gibt". Putin lasse bewusst Kinder verschleppen und ihrer Identität berauben, damit es deren Eltern möglichst schwerfalle, sie zurückzuholen. Der Haftbefehl habe dazu geführt, dass Putin seither in kein Land gereist sei, dass das Statut des Gerichts ratifiziert habe. Der Fall habe deutlich gemacht, "dass das Völkerstrafrecht wirkt", sagte die Bundesaußenministerin.

Baerbock hatte schon im Januar bei einem Besuch am Sitz des Gerichts im niederländischen Den Haag vorgeschlagen, dessen rechtliche Grundlagen - das Römische Statut - so zu ändern, dass auch der Tatbestand des Angriffskriegs vom IStGH uneingeschränkt verfolgt werden kann. Nach Baerbocks Vorstellung soll es ausreichen, wenn der Opferstaat einer Aggression unter die Jurisdiktion des Gerichtshofes fällt. Da weder Russland noch die Ukraine Vertragspartner des IStGH sind, gibt es derzeit nur eine Möglichkeit, wie Kriegsverbrechen russischer Akteure in Den Haag juristisch verhandelt werden könnten. Der UN-Sicherheitsrat müsste den Sachverhalt an den Internationalen Strafgerichtshof übergeben. Das ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, denn als ständiges Mitglied hat Russland im Sicherheitsrat ein Vetorecht.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Baerbock unterstützt auch den Vorschlag, die russische Führungsriege per Sondertribunal für den Angriffskrieg gegen die Ukraine zur Rechenschaft zu ziehen. Ein solches Tribunal soll auf ukrainischem Recht basieren. Internationale Elemente könnten ein Standort im Ausland, internationale Richter und Ankläger sowie eine unterstützende Resolution der UN-Generalversammlung sein. Die deutsche Position teilen nach Angaben der Bundesregierung die G7-Staaten sowie zahlreiche EU-Mitglieder.

© SZ/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Vereinte Nationen
:Ein Gericht für Gestürzte und Verjagte

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wird 25 Jahre alt. Immer wieder kommt der Vorwurf der politischen Einäugigkeit auf. Bei der Festrede tänzelte allerdings auch Außenministerin Baerbock um diesen Elefanten im Raum herum.

Von Ronen Steinke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: