Es war ein Luis-Rubiales-Moment in Berlin: Während der spanische Fußballverbandschef für seine Kuss-Attacke auf Jenni Hermoso diese Woche für drei Jahre gesperrt wurde, gab es am Donnerstag erneut einen Übergriff mit prominentem Opfer. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock wurde von ihrem kroatischen Amtskollegen Gordan Grlic-Radman auf eine Art begrüßt, die ihr sichtlich unangenehm war.
Die Szene spielt sich in Sekundenbruchteilen ab. In Videos sind die Aufnahmen des Fototermins beim Treffen mehrerer europäischer Ministerinnen und Minister in Berlin zu sehen. Grlic-Radman erscheint offenbar mit leichter Verspätung. Er steht in der ersten Reihe neben der deutschen Außenministerin, drückt ihre Hand, sieht sie an. Dann kommt sein Mund ihrem Mund sehr nahe.
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Weil Baerbock geistesgegenwärtig reagiert und den Kopf wegdreht, wird es ein Schmatzer auf die Wange. Auf den Bildern ist erkennbar, dass Baerbock die Situation unangenehm ist. Der Schaden ist also angerichtet.
Thema des Gipfels waren eigentlich geplante EU-Erweiterungen. Das Video der zweifelhaften Begrüßung verbreitete sich rasch über die sozialen Netzwerke.
Die Frauenrechtlerin Rada Boric sprach von einer "komplett unangebrachten Geste"; eine weitere Aktivistin warf dem Minister fehlenden Anstand und Respekt vor. Laut der Parlamentsabgeordneten Ivana Kekin hat Grlic-Radman nicht nur sich selbst, sondern alle Kroaten beschämt. Kroatiens frühere Ministerpräsidentin Jadranka Kosor schreibt auf der Plattform X: "Erzwungenes Küssen von Frauen wird auch als Gewalt bezeichnet, oder?"
Kroatische und bosnische Medien kommentieren den Vorfall mit Worten wie "unangenehm mitanzusehen", "ein Fiasko" oder "unerfreulich".
Grlic-Radman selbst versteht die Welt nicht mehr. Er habe eine Kollegin auf "menschliche" Weise begrüßen wollen: "Unter Ministern grüßt man sich immer herzlich." Sollte jedoch jemand Anstoß an seiner Geste nehmen, entschuldige er sich, so Grlic-Radman. Wie Spiegel Online berichtet, sagte er vor Reportern aber auch, er wisse "gar nicht, wo das Problem ist".
Die Bild-Zeitung hatte zuerst über den Vorfall berichtet. Aus Baerbocks Umfeld hieß es laut Bild, es sei ein ungelenker Versuch gewesen, sich schnell noch zu begrüßen. Baerbock selbst wollte die Vorgänge bei einer Pressekonferenz mit ihrem Kollegen Jeyhun Bayramov in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku am Samstagabend nicht kommentieren. Auf eine entsprechende Frage einer Reporterin sagte sie nur: "Über Küssen haben wir uns heute nicht ausgetauscht."
Im Fall des spanischen Fußball-Funktionärs Rubiales hatte sich die Grünen-Politikerin deutlich zu Wort gemeldet: "Man muss sich nur mal vorstellen, Angela Merkel hätte 2014 Philipp Lahm so geküsst. Da wäre die Hölle los gewesen bzw. das ist einfach unvorstellbar und sagt damit alles", erklärte sie Ende August.