Baden-Württemberg:Frühe Führung

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Die FDP in Baden-Württemberg könnte durchaus ein zweistelliges Ergebnis erreichen: Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

In Deutschlands Südwesten dürfte der Sieger schon feststehen. Spannend wird es so richtig ohnehin erst nach der Wahl.

Von Claudia Henzler, Stuttgart

Bei der letzten Landtagssitzung vor der Wahl geht es vordergründig noch einmal um die Corona-Politik in Baden-Württemberg. Mindestens ebenso intensiv sind die Parlamentarier am Freitag aber bereits mit der Frage beschäftigt, wie es nach dem 14. März weitergeht - oder besser: Mit wem Deutschlands einziger grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner dritten Amtszeit koalieren könnte.

Für die Abgeordneten sind die Grünen als Wahlsieger gesetzt. Die neuesten Umfragen sehen die Partei bei 33 (infratest dimap) oder sogar 35 Prozent (Forschungsgruppe Wahlen) - und damit weit vor der CDU. Es sind Momentaufnahmen, doch sie bestätigen frühere Stimmungstests und machen noch einmal deutlich, dass es Kretschmann mit seinem pragmatischen und auf Ausgleich bedachten Regierungsstil in den vergangenen zehn Jahren gelungen ist, seine Partei für breite Teile der Bevölkerung wählbar zu machen.

Die Grünen haben die CDU auf Landesebene als Volkspartei abgelöst. Letztere liegt in den jüngsten Umfragen noch unter dem historisch schlechten Ergebnis von 2016. Damals hatten nur 27 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei jener Partei gemacht, die bis 2011 fast sechs Jahrzehnte lang ununterbrochen den Ministerpräsidenten stellte.

Die Zufriedenheit mit der Landesregierung liegt aktuell zwar noch bei fast 60 Prozent, sinkt jedoch. Doch viele Bürger haben ihre Stimme längst abgegeben. Die FDP könnte von der Corona-Müdigkeit profitieren und ein zweistelliges Ergebnis erreichen. Nach jetzigem Stand werden dem neuen Landtag dieselben Parteien angehören wie bisher. SPD, FDP und AfD pendeln in den Umfragen zwischen zehn und zwölf Prozent.

Sollten sich das bestätigen, wird Kretschmann nach dem 14. März die Wahl haben, ob er die grün-schwarze Koalition fortsetzt, oder mit SPD und FDP ein Dreierbündnis eingeht. Alle potenziellen Bündnispartner haben Interesse signalisiert - auch die Liberalen, die sich der Ampel vor fünf Jahren noch verweigerten. Für Kretschmanns Wunschkonstellation Grün-Rot wird es voraussichtlich nicht reichen.

Viele Grüne sehen die CDU als "Bremsklotz"

Momentan sind die Grünen wenig begeistert von der Aussicht, noch einmal fünf Jahre mit der CDU zu regieren. Und auch die CDU-Spitzenkandidatin und Kultusministerin Susanne Eisenmann wirkte zuletzt schwer genervt von der Zusammenarbeit mit Kretschmann. Als fast gleich starke Partner haben sich Grüne und Schwarze oft gestritten. Angesichts der Corona-Schulden wäre es künftig schwieriger, Konflikte mit Geld zuzuschütten. Gegen eine Fortsetzung der grün-schwarzen Koalition spricht auch, dass die Grünen bei der Klimapolitik schneller vorankommen wollen und sie die CDU bei diesem Thema als "Bremsklotz" bezeichnet haben.

Doch einige Grüne warnen, dass es mühsamer sein würde, mit zwei Koalitionspartnern zu verhandeln als mit einem - zumal man es ja mit einer geschrumpften CDU zu tun haben könnte. Ob eine gedemütigte CDU zu Sondierungen bereit ist, wird davon abhängen, wer dort nach der Wahl das Sagen hat. Weil es in Baden-Württemberg keine Listenkandidaten gibt, ist unsicher, ob der Parteivorsitzende Thomas Strobl und Spitzenkandidatin Eisenmann überhaupt in den Landtag einziehen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart nutzt jedenfalls die letzte Plenarsitzung am Freitag, um für eine Fortsetzung von Grün-Schwarz zu werben: "Baden-Württemberg braucht jetzt keine Experimente und keinen Koalitionspoker."

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