Aufstand in Ägypten:Die Rolle der Muslimbrüder

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Bleiben die Muslimbrüder. Offiziell sind sie als Organisation weiter verboten. Offiziell sind sie nicht einmal eine Partei. Sie sind aber über eigene Moscheen-Netzwerke bestens organisiert.

Anti-Mubarak Protesters Continue to Occupy Tahrir Square In Cairo

Anti-Mubarak-Proteste am Tharir-Platz in Kairo: Unparteiische Kräfte gibt es.

(Foto: Getty Images)

Sie könnten bei Wahlen mit ihrer alten Parole "Der Islam ist die Lösung" in dem zu 90 Prozent muslimischen Land wohl am ehesten aus dem Stand antreten. Genau das ist das Schreckensszenario des Kairoer Regimes und der westlichen Staatengemeinschaft.

Bisher erheben die Brüder allerdings keine politischen Forderungen. Ihre früher vorgelegten Programme lassen aber daran zweifeln, dass sie klare politische Vorstellungen von der Führung eines 80-Millionen-Staates haben. Das erklärt, warum der "Rat der Weisen" und die Regierungen der USA und Europas gebetsmühlenartig auf einer raschen, friedlichen und Verfassungsgemäßen Lösung beharren.

Sollte Mubarak noch sechs oder sieben Monate im Amt bleiben, die Amtgeschäfte aber ruhen und Suleiman seine Arbeit übernehmen lassen, bliebe der demokratischen Opposition Zeit sich zu organisieren. Die Proteste würden aufhören. Politische Vorschläge und Gespräche würden an ihre Stelle treten. Der Konflikt wäre von der Straße auf den Verhandlungstisch gehoben worden.

Verfassung lässt Opposition keine Chance

Nur dann könnten die für faire Wahlen nötigen Verfassungsänderungen in Angriff genommen werden. Mubarak hatte das Grundgesetz vor einigen Jahren selbst verändert: Zu seinem Vorteil. Als Präsidentschaftskandidat konnten nur noch Personen antreten, die starken Rückhalt im Parlament haben.

Das Unterhaus aber wird nach den letzten manipulierten Wahl mit mehr als 80 Prozent der Sitze von Mubaraks NDP dominiert. Kurz: Nach der derzeitigen Verfassung- und Gesetzeslage hätte ein Oppositionspolitiker keine Chance.

Eine Verfassungsänderung ist Voraussetzung für faire Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Verfassungsänderungen müssen durch das Parlament bestätigt werden. Entweder müsste gleich ein neues Parlament gewählt oder die manipulierte Wahl von den Gerichten korrigiert werden.

Eine friedliche Transformation der Macht hängt also nicht allein am Rücktritt Mubaraks. Sie erfordert mehrere Monate Zeit, um die verfassungstechnischen Schritte einzuleiten. Das wird einfacher, wenn Mubarak Präsident bleibt, die Macht aber de facto aus der Hand gibt.

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