Die Amerikaner und Briten haben also der deutschen Bundesregierung versichert, ihre Geheimdienste hätten sich in Deutschland stets an Recht und Gesetz gehalten und den deutschen Interessen nicht geschadet. So jedenfalls hat das Kanzleramtsminister Ronald Pofalla an diesem Montag verkündet. Kanzlerin Merkels oberster Geheimdienstkoordinator vermittelte dabei den Eindruck, als sei jetzt alles gut. Als wäre die Aufklärung abgeschlossen. Alle Fragen beantwortet. Danke und auf Wiedersehen.
Mag ja sein, dass Ronald Pofalla selbst überzeugt von dem ist, was er da vorgetragen hat. Das wäre traurig. Es bleibt der schale Beigeschmack des Misstrauens. Denn wenn es etwas zu lernen gab aus der ganzen Affäre um NSA, Prism und Tempora, dann doch dieses: Vertraue niemandem. Niemals.
Oder anders formuliert: Egal, was dir einer erzählt, glaube es erst, wenn Du es selbst überprüft hast.
Wer kann noch alles überprüfen?
Genau darin aber liegt die große Schwierigkeit. Wer will überprüfen, was auf irgendwelchen Papieren irgendwer versichert? Selbst wenn der britische Außenminister höchstselbst so eine Versicherung "autorisiert" hat, wie Pofalla stolz kundtat, was weiß denn schon der britische Außenminister über die Arbeit seiner Geheimdienste? Wenn es ähnlich viel ist, wie die deutschen Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums über den Bundesnachrichtendienst wissen, dann gute Nacht. Im Zweifel wissen sie alle nur das, von dem die Dienste wollen, dass sie es wissen.
Amerikaner und Briten können Versicherungen abgeben, so viel sie wollen. In die Karten schauen lassen sie sich nicht. Sie mögen schwören, dass sie kein Ass in der Hand mehr haben. Ob das stimmt, wissen sie nur selbst.
So ist das mit den Geheimdiensten. Sie haben kein Interesse daran, dass irgendwer herausbekommt, wie sie arbeiten, mit wem sie Kontakt haben, welche Daten sie besitzen und wie sie da ran kommen.
Mission impossible
Darum war die Frage der Aufklärung von Beginn an eine Mission impossible. Hunderte Millionen von Daten deutscher Bürger sollen die Amerikaner abgegriffen haben. Das sollen angeblich Dokumente nahelegen, die der Ex-US-Geheimdienstler Edward Snowden veröffentlichen ließ. Es sind aber Dokumente, die offenbar missverständlich sind. Dokumente, die mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten.
Es gibt gar keinen Skandal. Diese Aussage ist derzeit genauso schwer zu widerlegen wie diese: Es ist alles ist noch viel schlimmer als bisher angenommen.
Was aber stimmt, ist dies: Geheimdienste brauchen mehr Kontrolle. Es ist gut, sie zu haben. Aber sie dürfen kein Eigenleben entwickeln. Schon der BND wird nur unzureichend vom Parlament beobachtet. Eine Handvoll Abgeordneter, die eine Mammut-Behörde überwachen soll? Das kann kaum funktionieren. Unmöglich aber ist es, wenn diese Handvoll Abgeordneter auch noch die Arbeit anderer Geheimdienste begutachten soll.
Was besonders missmutig stimmt, ist, dass die Prism-Affäre nicht aus dem Wahlkampf herausgehalten wird. Von keiner Seite. Die Opposition versucht Angela Merkel als Kanzlerin hinzustellen, die ihren Amtseid gebrochen hat. Die Regierungskoalition sieht den Grund allen Übels in Frank-Walter Steinmeier, der für Gerhard Schröder das Kanzleramt leitete und die Geheimdienste beaufsichtigte. Ohne rot-grünes Einverständnis hätte es schließlich gar kein Abkommen zur Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten gegeben.
Vielleicht sollten die Beteiligten die angebliche Aufklärungsarbeit bis zur Wahl einfach einstellen. Vom Wähler wird sie ohnehin nicht goutiert. Der Neuigkeitswert tendiert gegen Null. Nach der Wahl können sie mit der notwendigen Sachlichkeit von vorne beginnen. Nicht dass dann die Hoffnung auf belastbare Ergebnisse größer wäre. Aber vielleicht steht am Ende ja die Erkenntnis, dass das Zusammenspiel zwischen Bundestag, Regierung und Geheimdiensten grundsätzlich auf neue Füße gestellt werden müsste. Das wäre mal ein echter Fortschritt.