Atomstreit:Harte EU-Sanktionen gegen Irans Ölindustrie

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Europa verschärft im Atomstreit mit Iran die Strafmaßnahmen. Die Öl- und Gasindustrie soll empfindlich getroffen, Bank- und Versicherungsgeschäfte beschränkt werden.

P. Krüger

Im Atomstreit mit Iran haben die Außenminister der Europäischen Union am Montag in Brüssel neue Sanktionen beschlossen, die deutlich über die vom UN-Sicherheitsrat im Juni verhängten Strafen hinausgehen. So verbieten die EU-Mitgliedstaaten jeglichen Export von Schlüsseltechnologien für die Öl- und Gasindustrie nach Iran, darunter Raffinerieausrüstung, Flüssiggastechnik sowie Erschließungs- und Produktionstechnologie. Zudem ist es künftig untersagt, in diesen Industriezweig in Iran zu investieren, iranischen Firmen aus diesem Bereich Kredit zu gewähren oder sie mit Dienstleistungen oder Ausbildung zu unterstützen. Die EU begründet dies damit, dass Iran mit Erlösen aus der Öl- und Gasbranche das umstrittene Atomprogramm und die Entwicklung von Raketen finanziere.

"Wir können es": Revolutionsgründer Ayatollah Khomeini und der amtierende Staatschef Ayatollah Ali Khamenei auf einem Plakat am größten Gasfeld des Landes in Pars. Irans Gasindustrie soll durch die neuen Sanktionen gelähmt werden. (Foto: ap)

Auch im Bank- und Versicherungsgeschäft erlässt die EU strikte Bestimmungen, die den Handel zwischen Iran und Europa erschweren dürften. Alle Überweisungen von und nach Iran, die 40.000 Euro übersteigen, sind künftig genehmigungspflichtig; jeden Transfer von mehr als 10.000 Euro müssen Banken melden. Zugleich sollen die Mitgliedstaaten iranische Banken stärker überwachen. Diese dürfen in der EU keine neuen Filialen eröffnen, europäische Banken nicht in der Islamischen Republik.

Die EU-Staaten verbieten generell, Iran und dort ansässigen Personen, Firmen und Organisationen Versicherungen und Rückversicherungen zu gewähren; ausgenommen sind lediglich Reise- und Krankenversicherungen für Einzelpersonen. Damit dürfte es für Iran zunehmend schwierig werden, die im internationalen Warenverkehr nötigen Transportversicherungen zu erhalten. Die Einschränkungen für Banken und Versicherungen sollen in sechs Monaten überprüft werden. Manche EU-Staaten hatten für noch striktere Regeln plädiert.

Im Transportsektor geht die EU ebenfalls über die UN-Sanktionen hinaus. Iranische Frachtflugzeuge dürfen die EU künftig nicht mehr anfliegen. Passagierflüge, die auch Güter transportieren, bleiben aber erlaubt. Flugzeuge und Schiffe mit Ausgangs- oder Bestimmungsort in Iran müssen alle transportierten Waren vorab anmelden. Güter, die für die Islamische Republik bestimmt sind, können jederzeit inspiziert werden, wenn der Verdacht besteht, dass gegen Embargo-Vorschriften verstoßen werden könnte. Ebenso kann in solchen Fällen das Auftanken von Schiffen verweigert werden.

Die Revolutionsgarden sind das Ziel

Ohnehin schon untersagt sind durch Beschluss des UN-Sicherheitsrats Waffenlieferungen und - mit wenigen Ausnahmen - der Export von Nuklear- und Raketentechnik. Auch darf sich Iran nicht mehr im Ausland an Uranminen oder Atomfirmen beteiligen. Diese Beschränkungen setzt die EU nunmehr um, ebenso wie Reiseverbote gegen Personen, die mit dem Raketen- und Atomprogramm in Verbindung stehen. Zudem wird das Auslandsvermögen mehrerer Firmen eingefroren. Dies zielt auf die Revolutionsgarden, die für den militärischen Teil des iranischen Atomprogramms verantwortlich sein sollen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich in Brüssel zuversichtlich, dass Teheran durch die neuen Sanktionen zurück an den Verhandlungstisch bewegt werden könne. "Die Sanktionen werden nicht ohne Wirkung bleiben", sagte er und verwies auf die Geschlossenheit der EU. Sein britischer Kollege William Hague sagte, er hoffe, dass Iran die Botschaft mitnehme, dass "die europäischen Länder offen sind für Verhandlungen über das Atomprogramm".

Die iranische Regierung hatte am Wochenende gedroht, die Handelsbeziehungen zu Europa abzubrechen. Auch war die Rede davon, Iran werde im Transportbereich die gleichen Beschränkungen gegen EU-Staaten erlassen, wie sie die EU nun verhängt hat. Zugleich haben verschiedene Regierungsvertreter aber auch Dialogbereitschaft signalisiert.

Nachdem Präsident Mahmud Ahmadinedschad Gespräche mit der Verhandlungsgruppe aus den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat und Deutschland für September ins Spiel gebracht hatte, vereinbarten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Irans Atom-Unterhändler Said Dschalili ein Treffen. Der Termin und die Themen stehen jedoch noch nicht fest. Ashton stellte klar, dass es in erster Linie um das Atomprogramm gehen müsse. Iran hatte dies bislang stets abgelehnt. Westliche Diplomaten in Teheran schätzen die Erfolgsaussichten wegen der angespannten innenpolitischen Lage als gering ein. Irans Außenminister Manuschehr Mottaki erklärte zudem bei einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Ahmet Davotoglu und dem Brasilianer Celso Amorim am Sonntag in Istanbul, Iran sei weiter bereit, über den Tausch von angereichertem Uran gegen Brennstäbe für einen Forschungsreaktor in Teheran zu verhandeln.

© SZ vom 27.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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