Studie:Furcht vor Jugendarmut wächst

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Mehr als ein Drittel der Jugendlichen in Deutschland rechnet damit, in drei Jahren schlechter dazustehen als heute. (Foto: Ute Grabowsky/Imago)

Ärmere Kinder und Jugendliche leiden laut einem Report unter den Folgen der Corona-Pandemie und der Inflation. Das Risiko, abgehängt zu werden, ist groß.

Von Benedikt Peters

Frei, wild, unbeschwert: Die Jugend gilt vielen Menschen als die schönste Zeit im Leben. Folgt man jedoch den Zahlen, welche die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit am Mittwoch veröffentlicht hat, so muss man dahinter ein großes Fragezeichen setzen.

Für ihren alle zwei Jahre erscheinenden Report haben die Forscher und Sozialarbeiter Daten zusammengetragen, die zeigen sollen, wie es den unter 25-Jährigen in Deutschland geht, insbesondere denjenigen mit wenig Geld. Ihr Befund: Sie leiden stark unter den verschiedenen Krisen, der Corona-Pandemie und der kriegsbedingten Inflation, und für viele steigt das Risiko, abgehängt zu werden.

68 Prozent der Jugendlichen treibt dem Bericht zufolge die Sorge um, wegen der aktuellen Preissteigerungen in Armut leben zu müssen. Man mag dem entgegenhalten, dass die Daten bereits im Sommer erhoben wurden. Die Bundesregierung hatte zu diesem Zeitpunkt manche Entlastungen noch nicht beschlossen, etwa die Gas- und Strompreisbremse. Die Sorgen der Jugendlichen aber reichen weiter, viele fürchten, insgesamt düstere Zukunftsperspektiven zu haben. Mehr als ein Drittel der Jugendlichen rechnet damit, in drei Jahren schlechter dazustehen als heute. Knapp die Hälfte klagt über psychische Probleme.

Besonders hoch ist das Armutsrisiko für Kinder von Alleinerziehenden

Jugendliche sind dem Report zufolge überdurchschnittlich stark von Armut betroffen. Während die Quote für die gesamte Bevölkerung bei etwa 16 Prozent liegt, ist sie für Kinder und Jugendliche deutlich höher (siehe Grafik). Besonders hoch ist das Risiko für Kinder von Alleinerziehenden und mit vielen Geschwistern.

Armut und Perspektivlosigkeit bergen den Forschern zufolge die Gefahr, sich selbst zu verstärken. Das gelte insbesondere wegen des digitalen Unterrichts, der in der Corona-Pandemie massiv ausgeweitet worden sei. Haushalte mit weniger Geld verfügen demnach über weniger Laptops und Tablets, ihr "Digitalisierungsindex" liegt um 31 Prozentpunkte niedriger als in Besserverdiener-Haushalten.

Entsprechend schlechter können von Armut betroffene Kinder im Schnitt mit solchen Geräten umgehen. Eine Studie, die die digitalen Kompetenzen von Neuntklässlern untersuchte, kam zum Ergebnis, dass sie bei Kindern arbeitsloser Eltern schlechter ausgebildet sind als bei anderen.

Kritik übt die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAGKJS) außerdem an den offiziellen Zahlen zu Berufsausbildungen. Etwa 22 000 Bewerber haben laut Bundesagentur für Arbeit zuletzt keinen Ausbildungsplatz gefunden. Diese Zahl sei jedoch grob verzerrend: Sie beinhalte zum Beispiel nicht die etwa 50 000 Jugendlichen, über deren beruflichen Werdegang die Behörden keine Informationen hätten, weil sie weder ein Studium noch eine Ausbildung aufnähmen. "Die Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz dürfte deutlich höher liegen", sagt der BAGKJS-Vorsitzende Stefan Ottersbach.

Zur Behebung der Missstände fordert er eine Ausbildungsgarantie und die schnelle Einführung einer Kindergrundsicherung, wie sie auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht. Diese müsse auch für Jugendliche gelten und deren Teilhabe sicherstellen - gerade auch im Digitalen.

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