Antisemitismus:FU Berlin kann Täter wohl nicht exmatrikulieren

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Die FU Berlin sagt, dass das Ordnungsrecht der Hochschulen durch die Änderung des Berliner Hochschulgesetzes im Jahr 2021 abgeschafft worden sei. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten kritisiert der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein die FU Berlin. Die sagt wiederum, dass ihre Möglichkeiten beschränkt seien.

Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität (FU) Berlin hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Leitung der Hochschule kritisiert.

Diese habe antisemitische Diskurse an der Hochschule viel zu lange laufen lassen: "Sie haben sicher nicht Antisemitismus begünstigt, aber Sie sind nicht eingeschritten, da wo es geboten gewesen wäre, wenn Hass und Hetze verbreitet werden", sagte Klein am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin".

Er rief die Leitung der FU Berlin auf, mit Mitteln des Ordnungsrechts und des Hausrechts gegen derartige Vorfälle vorzugehen. Klein bekräftigte seinen Vorschlag, an allen deutschen Universitäten Antisemitismusbeauftragte einzusetzen. Der Vorfall in Berlin habe ihn schockiert, aber nicht überrascht, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zeigt sich fassungslos

Seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober habe sich an deutschen Hochschulen eine Atmosphäre verbreitet, die Hass und Hetze möglich gemacht habe, betonte Klein.

Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) forderte ein konsequentes Einschreiten. "Hochschulen sind Orte maximaler Freiheit, aber sie sind keine rechtsfreien Räume", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Für Antisemitismus dürfe es an deutschen Hochschulen keinen Platz geben. "Diese Gewalt macht fassungslos und zeigt, wohin Israel- und Judenhass führt", fügte die FDP-Politikerin hinzu. Hochschulleitungen müssten von allen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen: "Ein Wegsehen ist inakzeptabel."

FU-Präsident Günter Ziegler hatte sich am Montag "entsetzt über den brutalen, mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriff" eines 23-Jährigen auf dessen 30-jährigen Mitstudenten geäußert und mögliche juristische Schritte angekündigt. Das Opfer, das am Freitagabend nach Schlägen und Tritten auf der Berliner Brunnenstraße mit Frakturen im Gesicht ins Krankenhaus gebracht wurde, ist der Bruder des Comedians Shahak Shapira, der über den Fall prominent auf X berichtet hat.

Die Hochschule kann den Täter offenbar nicht exmatrikulieren

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte am Dienstag die Exmatrikulation des mutmaßlichen Täters gefordert. Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra äußerte sich dazu skeptisch. "Es ist ein hohes Grundrecht, das hier betroffen wäre von einer Exmatrikulation", sagte die SPD-Politikerin in der "Abendschau" des RBB am Dienstag. "Exmatrikulation aus politischen Gründen lehne ich auch grundsätzlich ab."

Hochschulen seien offene Räume der Kommunikation und der Debatte. "Die Wissenschaft lebt von Austausch, lebt von Internationalität, lebt von internationalen Studierenden", sagte die Senatorin. "Und natürlich gibt's auch dann mal Konflikte auf dem Campus. Und die müssen wir eindämmen." Kritiker werfen ihr nun vor, Gewalt wie eine Meinungsäußerung zu betrachten.

Die FU Berlin teilte allerdings mit, das sogenannte Ordnungsrecht der Hochschulen, das als die weitreichendste Maßnahme auch die Exmatrikulation ermöglichte, sei durch die Änderung des Berliner Hochschulgesetzes im Jahr 2021 abgeschafft worden. Somit sei eine Exmatrikulation von Studierenden aus Ordnungsgründen nicht möglich. Möglich sei "zur Sicherstellung eines geordneten Hochschulbetriebs" indes etwa ein Hausverbot von längstens drei Monaten.

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