Anschlag der Eta:Mallorca in Alarmbereitschaft

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Am Tag nach dem tödlichen Anschlag auf Mallorca konzentrieren sich die Ermittler auf die Suche nach einem Pärchen. Es war aufgefallen, weil es Baskisch sprach.

Sebastian Schoepp und Javier Cáceres

Am Tag nach dem tödlichen Anschlag auf zwei Polizisten in Mallorca hat das spanische Innenministerium Fahndungsfotos von sechs Verdächtigen veröffentlicht, zwei Frauen und vier Männern.

Beamte der Guardia Civil bei der Trauerfeier: Das spanische Innenministerium hat die Bilder von sechs Verdächtigen veröffentlicht. (Foto: Foto: Reuters)

Sie gehören der Eta an und sollen sowohl in das Attentat auf zwei Polizisten in Mallorca am Donnerstag als auch auf das im nordspanischen Burgos am Tag zuvor verwickelt sein. In Mallorca konzentrieren sich die Ermittlungen laut Medienberichten auf ein Pärchen, das auffiel, weil es Baskisch sprach.

Sie sollen vor einiger Zeit auf die Ferieninsel gekommen sein, wahrscheinlich auf dem Seeweg, was das Einschmuggeln von Sprengstoff erleichtern würde. Die beiden hatten sich in eine Wohnung eingemietet und sind seit Donnerstag nicht mehr gesehen worden. Ein Behördensprecher sagte, die Ermittler vermuteten, dass die Terroristen die Insel nicht verlassen, sondern sich verkrochen hätten, bis sich die Lage beruhigt habe.

Zeugen berichteten, dass nach der Explosion in Palmanova ein dunkler Volkswagen in voller Fahrt davongerast sei. Das würde die These stützen, dass die Bombe nicht mit einem Zeitzünder versehen war, sondern in der Nähe des Tatorts direkt gezündet wurde. Wahrscheinlich war der Eta-typische Sprengstoff in einem Rucksack unter dem Nissan Patrol der Getöteten versteckt. Das Auto wurde bei der Detonation völlig zerstört.

Die Sicherheitsvorkehrungen auf Mallorca wurden verschärft. Mit einem Großaufgebot war die Polizei im Einsatz. Sie nahm am Flugplatz sowie an den Handels- und Yachthäfen scharfe Kontrollen vor. Nach Angaben einer Behördensprecherin durfte kein Boot ohne Genehmigung die Insel ansteuern oder verlassen.

Eigentlich hatten sich die Mallorquiner vor dem Terror der Eta sicher gefühlt. "Nun ist geschehen, was niemand für möglich gehalten hatte", sagt Carlos Delgado, Bürgermeister der Kreisstadt Calvià. Zu seinem Gebiet gehört der Badeort Palmanova, wo die Bombe hochging.

Allerdings hatte es schon in der Vergangenheit Anschlagsversuche auf Mallorca gegeben, auch auf den König. In diesen Tagen wird Juan Carlos I. auf Mallorca erwartet. Die Königsfamilie verbringt traditionell ihre Ferien auf der Insel. Ihre Sommerresidenz liegt nur wenige Kilometer vom Anschlagsort entfernt.

In ganz Spanien - auch im Baskenland - legten viele Menschen am Freitag zur Mittagszeit fünf Schweigeminuten ein, um der beiden Toten zu gedenken. Sie hatten der kasernierten Polizeitruppe Guardia Civil angehört.

Auf Mallorca rief Insel-Regierungschef Francesc Antich eine dreitätige Trauer aus. Für die beiden jungen Polizisten Diego Salva Lezaún, 27, und Carlos Sáenz de Tejada, 28, wurde am Nachmittag eine Trauerfeier in der Kathedrale der Inselhauptstadt Palma abgehalten, zu der zweitausend Menschen kamen.

An ihr nahmen auch der spanische Thronfolger Felipe, die Prinzessinnen Cristina und Elena sowie führende Vertreter der gesamten politische Klasse Spaniens teil. Militärbischof Juan del Río sagte, dass die Terroristen nicht das letzte Wort haben würden. Das letzte Wort würden die haben, die wie die beiden Polizisten den Frieden, den Anstand sowie die Freiheit verteidigten.

Wenn die Eta mit ihrem tödlichen Anschlag also etwas erreicht hat, dann den Schulterschluss auf der Gegenseite. Einmütig verurteilten die sonst heftig zerstrittenen Parteien die Tat. Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero versprach, den Kampf gegen die Eta zu verschärfen. Die Terroristen würden "ihr ganzes Leben im Gefängnis verbringen". Der baskische Regierungschef Patxi Lopez sagte, die Terroristen sollten sich "auf den kältesten Winter ihres Lebens vorbereiten".

Der Chef der konservativen spanischen Volkspartei (PP) im Baskenland, Antonio Basagoiti, sagte wörtlich über die Täter: "Das sind keine Basken, das sind Schweine."

Der Bischof der baskischen Stadt San Sebastián, Juan María Uriarte, sagte: "Wir Basken schämen uns für diese Verbrechen, sie treffen uns als Christen tief."

Bomben auf Mallorca
:Terroranschlag auf der Ferieninsel

Bei einem Sprengstoffanschlag auf Mallorca sind zwei Polizeibeamte ums Leben gekommen. Offenbar steckt die Eta hinter dem Attentat.

Vizeregierungschefin María Teresa Fernández de la Vega nannte die Eta-Mitglieder "miserable Mörder", mit denen die Demokratie "fertigwerden" würde. Sie schloss einen Dialog mit der Eta aus: "Es gibt keine Möglichkeit. Damit das klar ist." Dies ist geltende politische Doktrin der großen Parteien in Spanien. Eta soll nicht das Gefühl haben, Terror habe Erfolg.

Der Sozialist Zapatero hatte zu Anfang seiner Amtszeit zwar den Kontakt zu Eta gesucht, um ein Ende der Gewalt zu erreichen. Die Terroristen selbst brachen diese Versuche jedoch mit einem Anschlag auf den Madrider Flughafen 2006 ab. Seitdem hat die spanische Polizei bei mehreren Verhaftungswellen wichtige Eta-Führer festgenommen.

Aus den Verhaftungen schlossen Parteien und Presse etwas voreilig, Eta sei praktisch am Ende. Mit den Attentaten von Burgos am Mittwoch und Mallorca am Donnerstag haben die Terroristen zwei Dinge gezeigt: Dass man weiter mit ihnen rechnen muss und dass Töten ihr einziges Argument ist. In Medien wird die neue Anschlagswelle als Verzweiflungstat gewertet. Andere wiederum vermuten, Eta formiere sich neu.

Rückschlag für das Image der Insel

Auf fehlende organisatorische Kohärenz deutet hin, dass es anders als bei früheren Attentaten gab keine Warnung und kein Bekennerschreiben gab. Die Machart, der verwendete Sprengstoff und vor allem das Ziel - die Guardia Civil - weisen jedoch klar auf Eta hin. Am 31. Juli blickt die Bande auf 50 Jahre Bestehen zurück.

Die mallorquinische Reisebranche machte sich derweil Sorgen. Das Attentat - der erste tödliche Eta-Anschlag auf den Balearen - bedeute einen Rückschlag für die Urlaubsinsel und ihr Image, hieß es. "Auf kurze Sicht wird der Anschlag sich auf die Nachfrage auswirken", befürchtet Aurelio Vázquez, Präsident eines Zusammenschlusses von Hotelketten. In Großbritannien, von wo die meisten Urlauber in Palmanova stammen, warnte das Außenministerium Reisende vor Spanien. "Dort besteht eine hohe Terror-Gefahr".

Das spanische Außenministerium protestierte. Auch die Verantwortlichen auf Mallorca wiesen die Warnung zurück. Der Tourismusminister der Balearen, Miquel Nadal, betonte: "Der Anschlag war gegen die Polizei gerichtet und nicht gegen die Urlauber."

Am Tag danach füllten sich die Strände jedenfalls wie immer, und auch am Ballermann wurde gesoffen wie eh und je. Es gebe auch keine Wünsche nach vorzeitiger Abreise, teilten die großen Reiseunternehmen mit.

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