Anschläge vom 11. September:Mutmaßliche Drahtzieher erneut vor Gericht

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Vor einem Militärtribunal in Guantanamo hat das Verfahren gegen fünf mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 wieder begonnen. Sollten sie verurteilt werden, droht ihnen die Todesstrafe. Doch das Verfahren dürfte kompliziert und langwierig werden, das zeigt schon der erste Prozesstag.

Mehr als zehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat das "Jahrhundert-Verfahren" gegen die fünf mutmaßlichen Hauptverantwortlichen erneut begonnen. Zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren erschienen der mutmaßliche Drahtzieher Khalid Scheich Mohammed und vier Mitangeklagte vor einem US-Militärsondergericht im Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba. Darunter ist Ramsi bin al-Shibb, der zur Hamburger Zelle um den Todespiloten vom 11. September, Mohammed Atta, gehörte.

Im Mittelpunkt der eintägigen Prozedur stand die Verlesung der Anklage gegen die Männer, denen im Falle eines Schuldspruchs die Todesstrafe droht. Neben Mohammed und Bin al-Shibb müssen sich Ali Abdu-Asis Ali, Mustafa Ahmed al-Hawsawi und Walid bin Attash verantworten. Zu den Anklagepunkten zählen Terrorismus, Flugzeugentführung, Verschwörung, Mord, Angriff auf Zivilisten, vorsätzliche schwere Körperverletzung und Zerstörung von Eigentum. Bei den Anschlägen waren fast 3000 Menschen ums Leben gekommen.

Gestritten wurde zunächst über korrekte Kleidung

Gleich zum Auftakt der Prozedur am Samstag zeigte sich, wie kompliziert und langwierig das Militärtribunal werden dürfte. Gestritten wurde zunächst über korrekte Kleidung. Außerdem weigerten sich Scheich Mohammed - mit langem Bart und in weißem Gewand - und andere Angeklagte, die zur Übersetzung dienenden Kopfhörer zu tragen. Daraufhin ordnete das Gericht an, dass der Übersetzer im Gerichtssaal für alle hörbar arbeiten soll. Auf die ersten direkten Fragen des Richters James Pohl antworteten die Angeklagten mit Schweigen.

Journalisten sowie Angehörige der Opfer der Anschläge konnten das Verfahren in Guantanamo sowie via Video auf dem US-Militärstützpunkt Fort Meade (US-Staat Maryland) verfolgen. Mit dem Beginn des Hauptverfahrens wird frühestens im nächsten Jahr gerechnet. In der Zwischenzeit werden zahlreiche Anhörungen erwartet, unter anderem darüber, welche Beweise in dem Prozess zugelassen werden sollen.

Scheich Mohammed wurde durch "Waterboarding" gefoltert

Nach seiner Festnahme im Jahr 2003 war Scheich Mohammed zunächst in einem geheimen CIA-Gefängnis festgehalten worden. Laut veröffentlichten Dokumenten des Geheimdienstes wurde er allein im März 2003 183 Mal dem "Waterboarding" unterzogen - einem simulierten Ertränken. Geständnisse unter dem Einfluss von Folter dürfen in den Militärtribunalen jedoch nicht verwendet werden.

Mohammed hatte zwar auch später - nach seiner Überstellung ins Lager Guantanamo - in Anhörungen seine Rolle bei den Anschlägen vom 11. September und bei anderen Terroraktionen zugegeben. Aber Kritiker der Militärtribunale meinen, dass durch die vorausgegangene Folter das gesamte Verfahren "vergiftet" worden sei und den Standards eines demokratischen Rechtsstaates widerspreche. Bereits im Vorfeld des Verfahrens hatten sich Verteidiger der Angeklagten auch darüber beschwert, dass ein Teil der Korrespondenz mit ihren Mandanten von Pentagon-Beauftragten gelesen worden sei.

Schon einmal wurde das Verfahren angestoßen - damals noch unter Bush

Das Militärtribunal gegen die Fünf war schon einmal - im Jahr 2008 - angelaufen, damals noch unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush. Dann hatte sein demokratischer Nachfolger Barack Obama nach seinem Amtsantritt 2009 aber zunächst alle anhängigen Sondergerichtsverfahren in Guantanamo Bay ausgesetzt.

Im vergangenen Jahr gab er grünes Licht für eine Wiederaufnahme, damit mussten die Verfahren ganz neu beginnen. Bei der ersten Anklageverlesung hatte Scheich Mohammed erklärt, dass er die Todesstrafe erhalten wolle. Es sei seit langem sein Wunsch, als Märtyrer zu sterben, sagte er damals als Wortführer der Mitangeklagten. Aus Kreisen der Verteidiger der Fünf verlautete aber vor dem Auftakt am Samstag, dass sich die Männer dieses Mal nicht schuldig bekennen, sondern sich verteidigen wollen.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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