Ankläger im NSU-Prozess:Gefährliches Detailwissen

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Angeklagt im NSU-Prozess: Beate Zschäpe  (Foto: REUTERS)

Sie sind erfahren, arbeiten präzise und kennen jedes noch so kleine Detail: Drei Ankläger des Generalbundesanwaltes beschäftigen sich seit Monaten intensiv mit dem NSU. Die Verteidiger von Beate Zschäpe könnten mit ihren Anträgen vor allem an einem der Ankläger zerschellen.

Von Annette Ramelsberger

Er ist einer der Ersten, die Beate Zschäpe getroffen haben, als sie sich im November 2011 gestellt hatte, nach dem Tod ihrer beiden Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Die Frau stand damals noch unter dem Eindruck, dass ihr bisheriges Leben vorbei und ihre "Familie" tot ist - und plötzlich erklärten die Videos nun die rätselhafte Mordserie der vergangenen Jahre.

Herbert Diemer, einer der erfahrensten Bundesanwälte beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe, besuchte damals Beate Zschäpe, und er schlug ihr etwas vor: Sie könne die Möglichkeit nutzen, als Kronzeugin gegen den Nationalsozialistischen Untergrund und sein Geflecht an Helfern auszusagen. Dafür sehe das Gesetz ein Entgegenkommen beim Strafmaß vor. Obwohl Zschäpe damals seelisch angeschlagen war, verstand sie sehr schnell, um was es dem Bundesanwalt ging: dass sie auspacken müsste, Freunde und Helfer belasten. Sie winkte ab und zog es vor zu schweigen.

Freundlich, bayerisch, präzise

Es ist vermutlich Herbert Diemer, der Leiter des Referats Terrorermittlung in Karlsruhe, der nun die Anklage gegen Zschäpe und die anderen Angeklagten im NSU-Prozess verlesen wird. Seit 25 Jahren arbeitet er in der Behörde, er hat russische Spione angeklagt und Linksradikale; zuletzt die Mitglieder der linken "Militanten Gruppe" in Berlin. Er wirkt freundlich, bayerisch-zugänglich, doch wenn es um das Sezieren juristischer Sachverhalte geht, ist kaum einer präziser als er.

Die Verteidiger Zschäpes könnten mit ihren Anträgen vor allem an ihm zerschellen: Diemer ist ein Autor des Karlsruher "Kommentars zur Strafprozessordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz". Kaum einer kennt sich besser damit aus, was vor Gericht möglich ist und was nicht.

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Sogar das Shampoo ist bekannt

Ihm zur Seite wird vermutlich Oberstaatsanwältin Anette Greger stehen, die mit den Ermittlungen gegen Zschäpe betraut war. Sie kennt jede Einzelheit zu ihr: wo sie Fingerabdrücke hinterlassen hat, mit welcher Krankenkassenkarte sie zum Arzt ging, wann sie mit Mundlos und Böhnhardt telefonierte, welches Shampoo sie benutzte. Greger stammt aus der Oberpfalz, war Richterin und Staatsanwältin in Weiden und Regensburg. Seit 2007 ist sie beim Generalbundesanwalt.

Der Dritte im Team der Ankläger ist der Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten. Er hat sich bei den NSU-Ermittlungen vor allem um die Wege jener "Ceska"-Pistole gekümmert, die der NSU zum Morden benutzte. Weingarten hatte einst als Staatsanwalt in Bonn begonnen. Beim Generalbundesanwalt ist er seit 2004. Sein bisher letztes großes Verfahren war der Prozess gegen Arid Uka, den Attentäter vom Frankfurter Flughafen, der vor zwei Jahren zwei US-Soldaten tötete und zwei schwer verletzte.

© SZ vom 06.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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