Afghanistan:Taliban töten Polizeichef in Kundus

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Verteidigungsminister Jung erklärt, die Lage in Afghanistan "in den Griff" zu bekommen - derweil verüben die Taliban nahe der deutschen Basis in Kundus einen Mordanschlag.

Tödlicher Überfall in Kundus: Die Taliban haben eine Polizeiwache in der nordafghanischen Stadt gestürmt und drei Beamte getötet, darunter den Polizeichef. Dem Verwalter des Distrikts Dascht-e-Archi, Scheich Saduddin, zufolge, kam es in der Nacht zum Mittwoch zu einem vierstündigen Feuergefecht mit den radikalen Islamisten.

Drei Beamten seien zudem verwundet worden. Die Taliban seien geflohen als Verstärkung der Polizei eingetroffen sei. Vor der Präsidentenwahl am 20. August hat die Gewalt in Afghanistan deutlich zugenommen und auch auf bislang vergleichsweise ruhige Teile des Landes übergegriffen - wie die Region Kundus.

Die Stadt liegt in der Nordregion, für die Deutschland seit Mitte 2006 verantwortlich ist. In Kundus sind auch Bundeswehreinheiten stationiert.

Jung sieht keinen Taliban-Triumph

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) widersprach inzwischen der Einschätzung des neuen Nato-Befehlshabers der Isaf-Truppen, US-General Stanley McChrystal, die Taliban hätten in Afghanistan die Oberhand gewonnen. "Ich will nichts verharmlosen, aber diese Einschätzung teile ich nicht", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Tatsache sei, dass im Norden Afghanistans zwölf Prozent der Distrikte als kritisch einzustufen seien. Auch in den anderen Landesteilen habe sich die Sicherheitslage verschärft. Das heiße aber nicht, dass die Taliban die Oberhand gewonnen hätten. "Ich bin auch optimistisch, dass wir die Lage insgesamt in Afghanistan in den Griff bekommen werden", sagte der CDU-Politiker aus Hessen.

Der US-General erhielt nun auch Zustimmung vom ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat. Der General a.D. warnte vor der zunehmenden Gefahr durch die Taliban. Sie seien "überall auf dem Vormarsch", auch im Norden Afghanistans, sagte Kujat der Bild. Inzwischen seien sie nun auch zunehmend im Norden und Westen des Landes eine Bedrohung.Darauf müsse die Bundeswehr reagieren: "Wir müssen unbedingt die Initiative ergreifen, dürfen uns nicht von den Taliban diktieren lassen, wann und wo sie uns angreifen."

Ex-General mahnt deutsche Parteien

Der General mahnte die deutsche Politik, keine falschen Rücksichten zu nehmen: "Niemand darf sich von Entscheidungen abhalten lassen, nur weil wir vor Bundestagswahlen stehen und das vielleicht Stimmen kosten könnte."

Inzwischen haben US-Marineinfanteristen und afghanische Truppen eine weitere Operation gegen die Taliban im Süden des Landes begonnen. Rund 400 amerikanische und 100 afghanische Soldaten nähmen an der Operation "Eastern Resolve II" (Östliche Entschlossenheit II) in der südlichen Provinz Helmand teil, teilten die US-Truppen mit.

Der Einsatz im Distrikt Now Zad habe am Mittwochmorgen begonnen. Der Kommandeur der Marine-Infanteristen, Brigadegeneral Larry Nicholson, sagte: "Unsere Mission ist es, die Unabhängige Wahlkommission und die afghanischen Sicherheitskräfte zu unterstützen."

Der US-Botschafter in Afghanistan, Karl Eikenberry, forderte derweil mehr Geld von Washington für nicht-militärische Projekte. Nach einem Bericht der Washington Post hält Eikenberry zusätzliche 2,5 Milliarden Dollar im Jahr 2010 für den Wiederaufbau des Landes für notwendig.

In einem Schreiben an US-Außenministerin Hillary Clinton betonte Eikenberry nach Angaben der Zeitung, eine solche Summe sei nötig, "wenn wir in den nächsten 14 Monaten Fortschritte aufweisen wollen". Diese Forderung übertreffe die von US-Präsident Barack Obama beim Kongress angefragte Summe für nicht-militärische Ausgaben in 2010 um 60 Prozent.

Der Washington Post zufolge hat Obama beim Verteidigungsministerium Militärausgaben in Höhe von 68 Milliarden Dollar für das kommende Jahr in Afghanistan angefragt. Für zivile Projekte seien rund 4,1 Milliarden Dollar eingeplant.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/Reuters/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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