Afghanistan:USA verhindern neuen Anschlag

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Das US-Militär bombardiert mutmaßliche Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat nahe dem Flughafen, setzte aber die Evakuierungsflüge am gesamten Wochenende fort.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Das US-Militär hat am Sonntagnachmittag mit einer Drohne in Kabul ein mit Sprengstoff beladenes Auto bombardiert. Ein Sprecher sagte, Selbstmordattentäter der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hätten beabsichtigt, mit der Autobombe erneut den Flughafen anzugreifen. Zuvor hatte US-Präsident Biden vor neuen Terroranschlägen dort gewarnt. Es gebe eine spezifische und glaubhafte Bedrohung an mehreren Stellen außerhalb des Geländes, hieß es in einer Warnung der Botschaft Kabul kurz vor dem endgültigen Abzug der USA aus Afghanistan.

Ungeachtet der Bedrohungslage setzten die Streitkräfte der USA auch am gesamten Wochenende ihre Evakuierungsflüge fort. Großbritannien flog letztmalig am Samstagabend Menschen aus. Insgesamt konnten so bis Sonntagmorgen noch einmal 2900 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Unter ihnen waren auch Ortskräfte deutscher Organisationen sowie afghanische Mitarbeiter deutscher Medien, deren Rettung durch eine private Initiative mit einer Chartermaschine zunächst gescheitert war. Laut dem Weißen Haus wurden bis Sonntagmorgen insgesamt 114 400 Menschen über die Luftbrücke außer Landes gebracht, die am 14. August begonnen hatte.

Die USA haben nach dem Selbstmordanschlag auf den Flughafen am Donnerstag mit mehr als 180 Toten mit einem Drohnenangriff in der Provinz Nangarhar nach eigenen Angaben zwei der mutmaßlichen Planer des Attentats getötet. Sie seien hochrangige Mitglieder des IS gewesen, der den Anschlag für sich in Anspruch genommen hat und auch vom US-Verteidigungsministerium verantwortlich gemacht wird.

US-Präsident Joe Biden flog am Sonntag mit seiner Frau Jill auf den Luftwaffenstützpunkt Dover im Bundesstaat Delaware. Dort trafen am Sonntag die Leichen der 13 getöteten US-Soldaten von Afghanistan aus ein. Biden erwies den Gefallenen die letzte Ehre und traf sich mit Angehörigen der Getöteten.

In Kabul bereitete das US-Militär seinen Rückzug vor. Bis Dienstag sollen alle Soldaten den Flughafen verlassen haben. Am Sonntag waren dort noch etwa 4000 stationiert. Aus Sicherheitsgründen wird der genaue Zeitplan unter Verschluss gehalten. Die Taliban haben nach eigenen Angaben die Kontrolle über drei Zugänge zum Flughafen vom US-Militär übernommen.

Vertreter der G7-Staaten, der Türkei und Katars wollten an diesem Montag über die Möglichkeiten sprechen, den Flughafen zivil weiter zu betreiben. Derzeit sichern die US-Streitkräfte nicht nur das Gelände, sondern wickeln auch den gesamten Flugbetrieb mit eigener Ausrüstung ab. Die Türkei hatte vor dem Zusammenbruch der Regierung in Kabul angeboten, den Betrieb zu übernehmen.

Nach der Machtübernahme der Taliban ist ungewiss, ob und wie der Betrieb fortgesetzt werden kann. Die Türkei sieht vor allem Probleme bei der Sicherheit. Es gab aber bereits Gespräche zwischen Ankara und den Taliban. Würde der Flughafen offen gehalten, könnten weitere schutzbedürftige Afghanen und noch im Land befindliche Ausländer mit kommerziellen Flügen ausreisen.

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