Abstimmung über Euro-Fiskalpakt:Deutschland ratifiziert Schuldenbremse später

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Die SPD beharrt vor der Abstimmung über den Euro-Fiskalpakt auf einem Gespräch mit Angela Merkel. Die Kanzlerin ist auf die SPD angewiesen. Denn ohne deren Stimmen wird der Bundestag die Schuldenbremse nicht verabschieden können.

Susanne Höll

Die Bundesregierung muss nach Worten des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier die Abstimmung über den umstrittenen EU-Fiskalpakt im Bundestag verschieben. "Der Zeitplan, bis Ende Mai im Bundestag zu beschließen, ist so keinesfalls mehr zu halten", sagte Steinmeier der Süddeutschen Zeitung.

Schuld daran sei Kanzlerin Angela Merkel, die die europäische Übereinkunft aus verfassungsrechtlichen Gründen mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat verabschieden lassen will und deshalb die Stimmen von SPD und Grünen benötigt. Aber die Opposition verlangt Zugeständnisse, etwa eine Art Wachstumspakt für die notleidenden EU-Staaten und eine Besteuerung von Finanzmarktgeschäften.

Letzteres stößt besonders in der FDP auf Widerstand. Ende März hatten die Partei- und Fraktionschefs von Union, FDP, SPD und Grünen erstmals mit Merkel über Bedingungen für eine gemeinsame Ratifizierung gesprochen, allerdings ohne Resultat.

Frau Merkel muss auf die Opposition zugehen. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit kann man nicht im Hauruck-Verfahren verhandeln" sagte Steinmeier. Er nannte es "unbegreiflich", dass die Koalition die SPD-Vorschläge vier Wochen unbeantwortet gelassen habe. Offiziell ist noch kein weiteres Treffen anberaumt. Spekuliert wird über eine weitere Runde der Partei- und Fraktionsvorsitzenden mit Merkel bald nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai.

Merkel möchte den Pakt zusammen mit dem neuen Euro-Rettungsschirm ESM Ende Mai verabschieden lassen, damit er im Juni den Bundesrat passieren und so in Deutschland noch vor der Sommerpause ratifiziert werden kann. Denkbar ist eine Einigung im Juni, andernfalls ist die Ratifizierung erst im Herbst möglich. Allerdings wachsen inzwischen in der Opposition die Zweifel, ob der Fiskalpakt wegen seiner beträchtlichen Bedeutung ohne eine Volksabstimmung in Deutschland genehmigt werden kann. Diese Frage wird spätestens das Bundesverfassungsgericht klären; Klagen sind angekündigt.

Merkel bringt Hollande gegen sich auf

Weil Merkel vehement für den Fiskalpakt eintritt, gibt es auch neue Spannungen mit dem französischen Präsidentschaftsbewerber François Hollande. Merkel betonte, dass der Pakt für mehr Haushaltsdisziplin nicht verhandelbar sei, zeigte sich aber offen für Wachstumsinitiativen, wie Hollande und die deutschen Sozialdemokraten sie fordern. Hollande konterte mit den Worten, Deutschland entscheide in Europa nicht allein.

Steinmeier nahm Hollande in Schutz und warf Merkel Provokationen vor. "Merkels Reaktion ist politisch nicht klug und unangebracht", sagte Steinmeier. In ganz Europa seien sich Ökonomen, Regierungen und die EU-Kommission einig, dass der Fiskalpakt allein nicht ausreiche, um der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. Der Fiskalpakt müsse um einen Wachstumspakt ergänzt werden. "Nichts anderes hat jetzt der zukünftige französische Präsident François Hollande vorgeschlagen", sagte er.

© SZ vom 28.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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