Abschied des Bundespräsidenten:Die First Lady, die das Eis zum Schmelzen brachte

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Bundespräsident Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt tanzen im November 2016 beim Bundespresseball in Berlin. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Mit Joachim Gauck verlässt auch seine Partnerin Daniela Schadt das Schloss Bellevue. Sie verstand es, förmlichen Momenten die Steifheit zu nehmen - und war stets mehr als schmückendes Beiwerk.

Von Constanze von Bullion

Sie gehört zu dieser Sorte von Frauen, die förmlichen Begrüßungen binnen Sekunden die Steifheit nehmen können. Vermutlich würde sie auch noch gegen vier Uhr morgens jeden Schnellredewettbewerb gewinnen, wenn man sie ließe, notfalls auch gegen Wortkünstler wie den Bundespräsidenten. Daniela Schadt, ehemalige Journalistin und von Sonntag an First Lady a. D., passt von ihrem Tempo und Naturell her eigentlich nicht in das gestrenge Protokoll, das Begleiterinnen eines Staatsoberhaupts zugedacht ist. Wenn an diesem Wochenende die Amtszeit von Joachim Gauck zu Ende geht, streift Daniela Schadt aber nicht nur ein Korsett ab. Es nimmt da auch eine Frau Abschied von Schloss Bellevue, der ihre Aufgabe stärker ans Herz gewachsen ist, als so mancher erwartet haben mag.

Daniela Schadt, 57 Jahre alt, hörbar Hessin, Tochter eines Lackfabrikanten aus Hanau, das war für viele Bürger in Deutschland zunächst keine Bundespräsidentenfrau, wie sie zu sein hatte. "Frau Schadt", wie die Lebensgefährtin von Joachim Gauck im Protokoll und bei Staatsbesuchen immer genannt wurde, war Ressortleiterin Innenpolitik bei der Nürnberger Zeitung, also eine, die mitzureden gewohnt war in der Politik. Sie hatte Gauck als Handlungsreisenden in Sachen Stasi-Aufarbeitung kennengelernt im Jahr 2000, bei einem Vortrag. Als er, immer noch verheirateter Vater von vier Kindern und 20 Jahre älter, 2012 Bundespräsident wurde, legte sie ohne Gegenwehr ihren Job auf Eis. Über Politik zu schreiben und nach Redaktionsschluss mit dem Staatsoberhaupt daheim zu Abend zu essen, das passe nicht zusammen, ließ sie wissen.

Ganz anders regierte Daniela Schadt auf einen weiteren Wunsch aus dem Publikum. Der CSU-Politiker Norbert Geis forderte Gauck 2012 auf, seine "persönlichen Verhältnisse zu ordnen". Daniela Schadt aber dachte offenbar gar nicht daran, sich der Staatsräson wegen heiraten zu lassen. Und siehe da: Es ging auch so. Wer sie mit ihrem Gauck bei Staatsbesuchen begleitete, wurde zwar gelegentlich am Ärmel gezupft und gefragt, wer "die da" eigentlich genau sei. Auf dem roten Teppich aber sollen die Gastgeber den beiden das nie zu spüren gegeben haben. Das mag auch an Schadts Enteisungstechnik gelegen haben.

Nur das Blümchen am Revers wollte sie nicht sein

Als die Queen kam, und ein angespannter Bundespräsident die Majestäten vor dem Schloss in Empfang nahm, verwickelte sie Prinz Philip auf der Stelle in einen Plausch, der ihn sichtlich auftauen ließ. Nur Beiwerk, das Blümchen am Revers, mochte Daniela Schadt aber nicht sein. Die Rolle der "Frau an seiner Seite" verstand sie wie einst Elly Heuss-Knapp, die den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss mit Erwerbsarbeit durch den Krieg gebracht und 1919 für den Reichstag kandidiert hatte; 1950 gründete sie das Müttergenesungswerk.

Daniela Schadt hat sich in ihren Ehrenämtern besonders für Jugendliche mit schwierigen Lebensläufen eingesetzt und sich als Unicef-Botschafterin die Schicksale junger Leute in jordanischen Flüchtlingslagern an die Nieren gehen lassen. Als Zehntausende nach Deutschland flohen, schien ihr das "Wir schaffen das" der Angela Merkel ein gutes Stück näher zu sein als dem Bundespräsidenten.

Doch, ja, Gaucks Herzensdame kann widersprechen. Wenn Gauck im Flieger zur mitreisenden Presse kam, dauerte es meist nicht lange, bis seine "Dani" sich zu Wort meldete, auch mit Meinung. Gauck ließ sie, wenn auch nicht immer mit begeisterter Miene. 2012 etwa saßen die beiden beim deutschen Botschafter in Den Haag vor Journalisten. Gauck schwärmte, er habe schon mit 13 seinen "Egmont" verschlungen, "ich habe überhaupt viel Schiller gelesen." Da räusperte sich Daniela Schadt, die Germanistin. "Egmont ist aber von Goethe", sagte sie vergnügt.

Daniela Schadt will jetzt zurück ins normale Arbeitsleben. Als Journalistin? Wohl eher nicht. Denn Erste Dame bleibt sie, fürs Leben.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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