Prävention:CDU-Fraktionschef: Wir überprüfen die Antisemitismus-Arbeit

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Dirk Stettner (CDU) spricht bei einer Plenarsitzung. (Foto: Carsten Koall/dpa)

Was tun gegen Antisemitismus? Die Diskussion darüber geht weiter. In der CDU und der SPD gibt es dabei durchaus unterschiedliche Vorstellungen.

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Berlin (dpa/bb) - Gegen Antisemitismus sprechen sich in der Berliner Landespolitik derzeit alle aus - aber wie begegnet man ihm am besten? Die bisherigen Präventionsprogramme stehen nach Angaben von Berlins CDU-Fraktionschef Dirk Stettner auf dem Prüfstand. „Ich würde nicht pauschal behaupten, dass alle Antisemitismus-Programme gescheitert sind. Aber wir müssen genau schauen, ob unter dem Deckmantel vermeintlicher Antisemitismus-Arbeit auch Organisationen tätig sind, die gar nichts für den Dialog der Religionen machen wollen, sondern andere Ziele haben“, sagte er dem „Tagesspiegel“ (Montag).

„Wir überprüfen gerade alle geförderten Organisationen genau. Klar ist, wer sich nicht eindeutig von jeglichem Terror und Hass abgrenzt und unsere freiheitliche, demokratische Grundordnung akzeptiert, bekommt keinen Cent“, sagte der CDU-Politiker.

Stettner kritisiert Antisemtismus-Programme

„Wir haben in den letzten Jahrzehnten zu gerne daran geglaubt, dass die Integration schon irgendwie gelingen werde“, sagte Stettner. „So wurde zugelassen, dass Programme fortgeführt wurden, die offensichtlich nicht helfen. Das werden wir ändern.“

Antisemitismus habe es in der deutschen Gesellschaft schon immer gegeben, sagte Stettner. Es gebe aber auch importierten Judenhass. „Wer auf Berliner Straßen das Morden der Hamas feiert, ist nicht integriert, ganz egal, ob er einen deutschen Pass hat oder nicht“, so der CDU-Fraktionschef. „Da ist die Integration gescheitert. Und das sehen wir zum Teil auch auf unseren Schulhöfen. Der Hass wird an Kinder weitergegeben. Da hat die Integration nicht funktioniert.“

„Wir haben viel zu lange tabuisiert, was nicht funktioniert, und sehen ja heute das Ergebnis“, argumentierte Stettner. „Erst wenn wir uns trauen, offen darüber zu diskutieren, gibt es überhaupt eine Chance, die Zustände zu ändern.“

Der integrationspolitische Sprecher der SPD, Orkan Özdemir, widersprach Stettner: „Ich empfinde das, was die CDU gerade macht, als Diskreditierung der Antisemitismusprävention in Berlin“, sagte er am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben eine sehr moderne und gut vernetzte Antisemitismus-Präventionsarbeit, wir sind bundesweit ganz vorne dabei.“

Aus der SPD gibt es Kritik an Stettners Äußerungen

„Bei den Organisationen, die der CDU-Fraktionsvorsitzende erwähnt, weiß ich nicht, wen er meint“, kritisierte Özdemir. „Die CDU kommt immer wieder mit irgendwelchen Thesen und untermauert die nicht.“ Antisemitismus-Prävention sei ein wichtiges, riesiges Feld. „Wir wollen, dass potenziell gefährdete Gruppen erreicht werden, ihre Denkmuster kritisch hinterfragen und gar nicht erst in bestimmte Milieus abrutschen oder gar kriminell werden“, so der Abgeordnete. „Präventionsarbeit ist immer eine Investition in die Zukunft der Gesellschaft.“

CDU-Innenpolitik-Experte Burkard Dregger hatte bereits vor mehr als einer Woche für Berlin eine neue Strategie im Kampf gegen Antisemitismus gefordert. Er bemängelte, teuer finanzierte Antisemitismus-Präventionsprogramme hätten keinen Erfolg gehabt. Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe hatte das zurückgewiesen.

Der Regierende Bürgermeister fordert Debatte über Integration

Währenddessen hat Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) vor dem Hintergrund von Antisemitismus und Israelfeindlichkeit im Zusammenhang mit propalästinensischen Demonstrationen eine Debatte über Integration gefordert. „Der Hass auf unseren Straßen, die Angriffe gegen jüdische Einrichtungen und der offene Antisemitismus zeigen ganz eindeutig, dass wir in Deutschland ein Problem haben“, sagte Wegner der in Berlin erscheinenden Tagezeitung „B.Z.“ (Montag).

„Wenn Jugendliche sich von Extremisten instrumentalisieren lassen, obwohl sie hier aufgewachsen sind und oft einen deutschen Pass haben, läuft etwas gewaltig schief. Wir werden neu und anders über Integration sprechen müssen“, sagte Wegner weiter.

„Jeder, der in Deutschland lebt, muss wissen, dass wir eine offene und vielfältige Gesellschaft sind“, sagte Wegner. „Hass, Antisemitismus und israelfeindliche Hetze haben hier keinen Platz. Diese Werte müssen wir besser ermitteln und notfalls mit dem Rechtsstaat konsequent durchsetzen.“

© dpa-infocom, dpa:231030-99-757254/3

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